Corona-Krise Wenn das Zuhause zu Kita, Schule und Büro wird

Düsseldorf · Eine Düsseldorfer Familie schildert, wie sie jetzt ihren Tag meistern muss. Auch viele Unternehmen setzen wegen Corona auf Home-Office.

Judith Heider-Keßler zu Hause mit ihrer Familie – Tilda (7), Ylvi (1) und Ehemann Dominik Heider.

Foto: Judith Heider-Keßler

Seit heute gibt es für die Familie von Judith Heider-Keßler keinen Alltag mehr. Mit „Tag eins“ beschreibt sie die vollkommen neue Situation für ihre Familie, also ihren Ehemann, ihre zwei Töchter im Alter von eins und sieben sowie sich selbst. Aufgrund der Ausbreitung des Coronavirus sind sowohl die Tagespflege als auch die Schule geschlossen. Ihr Mann soll als Professor in Marburg von zu Hause aus arbeiten. Und sie selbst wird das weiterhin als Freiberuflerin tun. Eigentlich wollte sie in diesen Tagen ihren neuen Job bei einer Non-Profit-Organisation antreten, „aber das wird wohl verschoben, da sind auch alle im Home-Office“. Für Heider-Keßler heißt das, ihr Haus ist nun nicht mehr nur Zuhause, sondern auch noch Büro, Kita und Schule.

Damit das möglichst gut klappt und die Kinder das auch nachvollziehen können, hat sich die Familie jetzt sogar einen Stundenplan geschrieben. Morgens kümmert sich demnach Heider-Keßler um die Kinder und geht mit ihnen in den Wald, der gleich an ihr Haus an der Stadtgrenze zu Ratingen liegt. „Heute haben wir zum Beispiel Regenwürmer gesammelt, die wir dann zu Hause mit Lupendosen untersucht haben.“ Auch Lies-Mal-Hefte nimmt sie sich mit ihrer Ältesten vor, während die Kleine malt. Die 39-Jährige hofft nun auf das Konzept der Gemeinschaftsgrundschule Knittkuhl für die Heimarbeit, das angekündigt ist.

Nachmittags nach der Mittagspause wechseln sich dann Mama und Papa mit der Kinderbetreuung ab, alles nach Zeitplan. „Ich glaube so geht es am besten, so können sich auch wieder Routinen einspielen“, sagt Heider-Keßler. Und ihr Mann kann auch die Fristen einhalten, was er trotz Home-Office muss.

Nie zuvor haben seit Montag wohl so viele Menschen in Deutschland und auch Düsseldorf zu Hause gearbeitet. Die Gründe liegen auf der Hand, die Kinderbetreuung muss anders organisiert und die Ansteckungsrate gebremst werden. Auch von Unternehmensseite wird dieses Modell deshalb forciert. Bei Vodafone etwa arbeiteten laut Sprecher Volker Petendorf mehr als die Hälfte der Belegschaft von zu Hause aus. „Wir haben unsere Mitarbeiter auch dazu aufgefordert, zumindest in den Bereichen, wo es geht.“ Die technischen Voraussetzungen mit Laptop und digitalem Firmenzugang seien sowieso gegeben, da das Unternehmen auch vorher schon einen Anteil von 20 Prozent Heimarbeit angestrebt habe. Ausgenommen davon sind etwa die Teams für den technischen Betrieb oder die Sicherheit.

Bei Henkel arbeiten die Mitarbeiter seit Montag „verstärkt von zu Hause“, wie Sprecherin Hanna Philipps sagt. In der vergangenen Woche waren es bereits 80 Angestellte, nun soll sich die Zahl „deutlich erhöhen“. Viele Meetings würden jetzt als Skype-Sessions oder Telefonkonferenz durchgeführt. Zudem werden „Teams gebildet, die sich die Tätigkeiten, die eine Präsenz im Büro erfordern, aufteilen und im Wechsel zwischen Büro und Home-Office tätig sind“. Arbeitszeiten sollen des Weiteren flexibler aufgeteilt und Arbeitszeitkonten verstärkt genutzt werden.

Auch von den Stadtwerken heißt es, dass bereits mehr Mitarbeiter in Home-Office gewechselt sind. Vor allem in den Bereichen mit vielen digitalisierten Arbeitsprozessen wie „E-Commerce und Digital“ oder „Unternehmenskommunikation“ sei das möglich.

2000 Metro-Mitarbeiter nach Hause geschickt

Zwangsläufig kam es am Montag dagegen bei der Metro zur Heimarbeit für die Mitarbeiter der Hauptverwaltung am Standort Düsseldorf an der Schlüterstraße. Der Grund: ein Mitarbeiter wurde positiv auf das Coronavirus getestet. Insgesamt 2000 Kollegen am Campus werden deshalb in den kommenden zwei Wochen vorsorglich von zu Hause arbeiten, wie das Unternehmen mitteilte. Das Gesundheitsamt der Stadt ist einbezogen worden. Die betroffene Etage wurde desinfiziert.

Selbst wenn das öffentliche Leben zurzeit auch in Düsseldorf stark eingeschränkt wird, will Heider-Keßler den Schritt zum Home-Office nicht nur so verstehen. „Wann haben wir schon die Gelegenheit, dass wir als Familie so zusammen sein können? Das ist auch eine unverhoffte Gelegenheit zur Entschleunigung.“