Mehrweg-Pflicht in Düsseldorf Mehrweg-Pflicht: Noch viel Unkenntnis

Düsseldorf · Die Mehrwegpflicht ist auch in Düsseldorf am 1. Januar 2023 gestartet. Wie die Betriebe damit umgehen und welche Rolle vor allem das Verhalten der Gäste dabei spielt.

 Der Manager der Altstadt Filiale XOXO Buddha Bowl ist zufrieden mit den Mehrweg-Schalen.

Der Manager der Altstadt Filiale XOXO Buddha Bowl ist zufrieden mit den Mehrweg-Schalen.

Foto: Julia Nemesheimer

Seit dem 1. Januar müssen Gastronomen in ganz Deutschland eine Mehrweg-Alternative für Kunststoff-Einwegverpackungen für Speisen sowie alle Einweg-Varianten für Getränke zum Mitnehmen anbieten.

Einige Gastronomen haben schon länger Mehrweg-Systeme im Gebrauch. In der Bäckerei Terbuyken beispielsweise wird das System Recup bereits länger verwendet. Eine Mitarbeiterin erzählt: „Die Nachfrage ist auf jeden Fall da, wenn sich auch noch lange nicht alle für die Mehrweg-Variante entscheiden.“ Für Lebensmittel gibt es von dem gleichen Mehrweg-Pool-System-Anbieter auch weitere Gefäße – für beide Mehrwegvarianten müssen die Kunden ein Pfand hinterlegen.

Andere Firmen – etwa größere Kaffeespezialitäten-Anbieter – nutzen eigene Mehrweg-Becher, die man für 2,50 Euro Pfand bekommen kann. Dies scheint aber bei vielen Kunden noch nicht so recht angekommen zu sein. Die meisten setzen weiterhin auf Plastik-Becher. „Ich dachte, ich müsste mehr für die Mehrweg-Variante bezahlen“, begründet ein Kunde seine Entscheidung für den Einweg-Plastikbecher.

Bei XOXO Buddha Bowls wurde das Mehrwegsystem von Vytal bereits im Sommer eingeführt. Hier scannt der Kunde die Boxen per App und muss erst dafür zahlen, wenn er sie nicht innerhalb einer Frist von 30 Tagen zurückbringt. „Unsere Kunden bestellen hauptsächlich über Lieferando in Mehrweg-Schalen“, erklärt der Manager der Altstadt-Filiale. Kunden können das einfach mit anklicken. „Sie dürfen nur nicht vergessen, den Code aus der App mit anzugeben – sonst können wir das leider nicht in Mehrweg liefern.“ In anderen Läden ist noch kein Hinweis auf Mehrweg-Becher angebracht – und teilweise wissen Mitarbeiter auf Nachfrage auch nicht, was es damit auf sich hat. Sie verweisen auf den Geschäftsführer.

Allgemein begrüßt die Verbraucherzentrale diesen ersten Schritt, Einweg-Kunststoffverpackungen einzudämmen. Auch, dass Kunden nun das Recht darauf haben, eigene Behälter befüllt zu bekommen, sei eine gute Entwicklung. Dennoch bleibt die Skepsis der Verbraucherzentrale, dass alle Betriebe zum Jahresbeginn auch entsprechende Angebote vorhalten. Denn das Interesse vieler Betriebe fällt recht gering aus, die Unkenntnis ist groß, wie auch Stichproben zeigten. Schon am 9. November hat es ein Treffen zum Thema Mehrwegpflicht in Düsseldorf gegeben. Zu dem Online-Meeting von Stadt und Verbrauchererzentrale waren alle Gastronomen der Stadt eingeladen. Friederike Farsen, Expertin für das Thema Mehrweg bei der Verbraucherzentrale NRW, berichtet, dass von über 4000 eingeladenen Betrieben lediglich 200 teilgenommen haben. „Die Resonanz hätte größer sein können“, meint Farsen. Bei dem Treffen wurden die neue Mehrweg-Pflicht und die damit einhergehenden Hygienevorschriften sowie verschiedene Pool-System-Anbieter vorgestellt.

Isabel Hausmann, stellvertretende Geschäftsführerin des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes NRW (Dehoga), gibt an, dass es derzeit aus Düsseldorf sehr viele Anfragen von Gastronomen zum Thema Mehrwegpflicht gibt. Viele kämen erst jetzt dazu, sich mit dem Thema zu beschäftigen: „Corona, Personalmangel und Energiekrise haben andere Prioritäten gesetzt“, so Hausmann. Daher gebe es auch Gastronomen, die über die neuen Auflagen nicht begeistert seien.

Dehoga: Mehrweg ist richtig, brauche aber Zeit

„Es kommen weitere Kosten bei der Einführung zusammen, außerdem müssen die Gastronomen sich überlegen, welches System sie nehmen, wo die Behälter gelagert und gespült werden“, führt Hausmann aus. Dennoch: Die Mehrheit sehe die Notwendigkeit und halte es für einen notwendigen Schritt, nicht nur dem Umweltschutz, sondern auch den Kundenwünschen nachzukommen. Der Dehoga begrüßt die Mehrweg-Alternative: „Es ist der richtige Weg, aber wir brauchen Zeit, um das Umdenken voranzubringen“, so Hoffmann. Allerdings sei es auch eine Mehrbelastung für die Gastronomen, die „gerade zu einer Unzeit kommt“.

Vor allen Dingen aber gilt: „Der Gast muss das System auch wollen und mittragen.“ An der Ausnahme für kleine Betriebe unter 80 Quadratmetern und mit maximal fünf Mitarbeitern stößt sich Hoffmann: „Gerade diese Kleinbetriebe machen einen erheblichen Teil der Gastronomie aus – und insbesondere der Lieferdienste.“

Daneben kritisiert die Verbraucherzentrale, dass sich das neue Gebot nur auf Einweg-Kunststoffverpackungen bezieht. Und selbst hier ist es schließlich kein Einweg-Verbot – die Verpackungen dürfen weiterhin ausgegeben werden. „Alles in Alu, Pappe oder anderen Materialien darf weiterhin benutzt werden“, erklärt Friederike Farsen. Der Stadt liegen bislang noch keine Beschwerden oder Anrufe zum Thema Mehrweg vor. Sollten Gastronomen kein Alternativangebot anbieten und damit der Mehrwegpflicht nicht nachkommen, können Bußgelder von bis zu 10 000 Euro fällig werden. Isabel Hoffmann erklärt, dass viele Gastronomen Bedenken haben, dass schnell solche Bußgelder verhängt werden.

Stichpunktartige Kontrollen werden durchgeführt

Auf Nachfrage erläutert ein Sprecher, dass das Amt für Umwelt- und Verbraucherschutz zunächst stichpunktartige Kontrollen durchführen wird. In diesem Zuge soll auch beraten werden. Außerdem sollen die Mitarbeiter des Umweltamtes beobachten, wie engagiert sich Anbieter um die Umsetzung der Vorgaben kümmern. Erst ab der zweiten Jahreshälfte 2023 behalte sich das Amt vor, im Einzelfall auch ordnungsbehördlich vorzugehen, „sofern Betriebe keinerlei Bemühungen zur Umsetzung der Pflichten erkennen lassen“.