Wie lange noch hält das Finanzpolster der Stadt?
Rot-Grün sieht große finanzielle Risiken auf die Stadt zukommen. Schwarz-Gelb hält dagegen.
Düsseldorf. Bibliotheken, Schwimmbäder, Museen, soziale Hilfsangebote, Öffentlicher Nahverkehr — all das gibt es in Düsseldorf in besserer Qualität als an vielen anderen Orten. Ohne spürbare Einschnitte während der vorigen Weltwirtschaftskrise. Wie kann das gelingen, da die Einnahmen der Stadt (Hauptquelle ist die Gewerbesteuer) konjunkturabhängig ist? Antwort: Der Kämmerer puffert die Schwankungen mit Hilfe der Ausgleichsrücklage ab. So heißt im Behördendeutsch das, was die Stadt auf der hohen Kante hat. Doch das wird immer weniger.
2008 hatte der Kämmerer noch 570 Millionen Euro im Sparstrumpf. Das war das Geld, das vom Verkauf von Stadtwerke-Anteilen und RWE-Aktien übrig war, nachdem alle Schulden bezahlt waren. 2009 sank die Summe auf 430 Millionen. Erfreulich: Nachdem für 2010 ursprünglich ein Minus in Höhe von 80 Millionen Euro kalkuliert worden war, sieht das vorläufige Rechnungsergebnis jetzt ein Plus von 63 Millionen vor — die Rücklage stieg wieder auf 493 Millionen. Doch in den Jahren 2011 bis 2013 wird sich der Kämmerer wieder aus dem Sparstrumpf bedienen müssen, auch weil mit dem Kö-Bogen teure Investitionen anstehen.
2014 will die Stadt dann wieder mehr einnehmen als ausgeben. So der Plan bisher. Ob er aufgeht, steht derzeit in den Sternen. Wenn die Finanzkrise auf die Realwirtschaft durchschlägt, könnte sich die Situation dramatisch ändern, weitere Entnahmen aus der Rücklage nötig sein. Schon jetzt zeichnet sich ab, dass die Steuereinnahmen wegen der Probleme im Banken- und Energiesektor nicht so stark sprudeln werden wie etwa im Rekordjahr 2007 (1,1 Milliarden Euro).
Das macht der Opposition Sorgen. „Und es gibt noch weitere große Risiken“, sagt Norbert Cerwinski von den Grünen. „Die liegen etwa in der Gefahr von weiteren Kostensteigerungen bei den großen Bau-Projekten Wehrhahn-Linie und Kö-Bogen.“ Die Stadt brauche „eine bessere Risikovorsorge und mehr Haushaltstransparenz“.
Das sieht Markus Raub (SPD) ähnlich. Er vergleicht die Finanzpolitik von CDU und FDP mit einer „Milchmädchenrechnung“. Zwar werde der Stadt-Etat schuldenfrei gehalten, dies geschehe aber vielfach auf Kosten der Stadttöchter.
Beispiel Rheinbahn: Bis 2017 muss sie 700 Millionen Euro investieren (u.a. in neue Züge), 300 Millionen sollen als Kredite aufgenommen werden. Schulden, die im Etat der Stadt nicht auftauchen werden, sondern bei der 100 Prozent-Tochter bleiben.
Raub ärgert auch, dass etwa der Stadtentwässerungsbetrieb mehr als drei Millionen Euro an die Stadtkasse abführen muss, „obwohl dessen Eigenkapitalquote eher zu gering ist. Das Geld wäre besser dort geblieben, statt damit Löcher im Etat zu stopfen“. Insgesamt sei kaum zu überblicken, wie viele Risiken bei den Stadttöchtern schlummerten.
Aktuell in den Blickpunkt gerät die Bautochter IDR. Bei der jüngsten Aufsichtsratssitzung wurde bekannt, dass diese 2010 in die roten Zahlen gerutscht ist. Fast 2,7 Millionen Euro Minus stehen als Jahresergebnis im Geschäftsbericht. Gründe sind u.a. Verluste beim Parkhaus im ISS-Dome. Zu hören ist aber auch, dass sich die Kosten für die Sanierung von Schloss Eller mehr als verdoppelt haben sollen — ohne dass der Aufsichtsrat informiert war. Die Hintergründe sollen nun geklärt werden.
Die Ratsmehrheit weist die Vorwürfe der Opposition zurück. „Wir werden uns weiter bemühen, neue Firmen hier anzusiedeln, so dass die Gewerbesteuer dauerhaft sprudelt“, sagt Friedrich Conzen (CDU). Man wirtschafte vorsichtig, sei im Übrigen auch optimistisch: „Nur Angst zu verbreiten, bringt uns nicht in die Zukunft.“ Bisher seien die Steuerschätzungen positiv. Dass die Rheinbahn in die Schulden geht, sei Schuld von Bund und Land, die Fördermittel gestrichen hätten. „Ich kenne keine Kommune, wo die Stadt Investitionen der Verkehrsbetriebe vorfinanziert.“
Auch Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP) sieht die Stadt „gewappnet“ für schlechte Zeiten. Es sei durchaus noch möglich, dass ab 2014 die Rücklage wieder aufgefüllt werden kann. Dafür aber müsse der Gürtel enger geschnallt werden. „Es gibt Projekte wie die Verlängerung der Rheinuferpromenade oder die Neugestaltung des Carlsplatzes, die müssen halt warten.“ Mit Blick auf das unerwartete Plus im Jahr 2010 warnt sie vor zu großen Sorgen: „Die Auswirkungen der vorigen Wirtschaftskrise auf den Etat waren nicht so schlimm, wie viele vermutet hatten.“