Stadt-Teilchen Wo Düsseldorf hässlich sein kann: Ein scheußliches Parkhaus mit Filmgeschichte
Düsseldorf · Hier kann Düsseldorf auch mal sehr hässlich sein, findet unser Gastautor Hans Hoff: Das Parkhaus am Landtag. Aber trotzdem hat es schon mal eine tragende Rolle gespielt.
Es gibt Gebäude in der Stadt, die passen einfach nicht in ihre Umgebung, die wirken wie Beton gewordene Aliens, wie hässliche Hot Spots in einer auf optische Annehmbarkeit getrimmten Umwelt. Sie mögen nützlich sein, aber Nützlichkeit ist letztlich nicht alles, wenn man eine Stadt gestalten will, in der sich immer wieder mal die Frage stellt, ob man lieber in einem schönen Haus wohnen und auf hässliche Häuser schauen möchte, oder ob es man lieber umgekehrt hätte: Schöner Ausblick aus einem hässlichen Haus.
Im Falle des Parkhauses an der Moselstraße lässt sich diese Frage sehr leicht beantworten. Da möchte man lieber im hässlichen Gebäude residieren und auf die umliegende Schönheit schauen. Die Schönheit, die bieten im Falle dieses Parkhauses vor allem der westlich davor liegende Landtag, der Rheinturm und die dahinter liegende Rheinpromenade. Selbst der Osten kann sich mit seinen vor allen Dingen nützlichen Wohnbauten auf der anderen Moselstraßenseite inzwischen halbwegs sehen lassen.
Schlimm wird es nur, wenn man feststellt, dass man im Leben naturgemäß viel weniger Zeit im Parkhaus verbringt als mit dem Blick auf eben dieses. Das fällt mir jedes Mal auf, wenn ich aus der Landtagspforte trete und auf das Parkhaus Moselstraße schaue. Eben konnte man noch die großzügige Pracht des Parlaments genießen, doch plötzlich fällt der Blick auf diesen hingeworfenen Hühnerstall, der als Gemisch aus Draht und schäbigem Beton wirkt, als wolle jemand die Volksvertreter absichtlich reizen, als gelte es, ihnen vorzuführen, dass es da draußen auch eine schäbige Welt gibt, die in keiner Weise so schick ist wie das Gebäude, in dem sie über Wohl und Wehe des Bundeslandes entscheiden.
Was tut man im düsseligen Dorf nicht alles, auf dass die Stadt schöner werde. Man beauftragt berühmte Architekten, man lässt Millionen fließen, man baut dolle Tunnel, aber am Ende verengt sich dann der Blick doch wieder auf eben dieses Parkhaus, auf diesen Ausbund an Hässlichkeit.
Natürlich kann man versuchen, dieses Nutz-Monstrum zu ignorieren. Als trainierter Stadtbewohner beherrscht man diese Kunst. Man schaut etwas an, und die genau daneben liegende Hässlichkeit blendet man einfach aus. So als wäre sie nicht da, nie dagewesen.
Man kann das auch mit dem Moseltraßenparkhaus versuchen, und wenn man eh in Eile ist und den Kopf voll hat mit tausend Sachen, dann wird das auch hin und wieder gelingen. Aber dann kommen jene Momente, in denen der Geist Raum hat, zu wandern, in denen er sich der Eigentlichkeit der Dinge ergibt, und dann ist da dieses Parkhaus.
Diese Mischung aus abblätternder roter Farbe auf den senkrechten Betonstreben und dem schwarzen Dreck, der die Ränder der totgrauen Bodenplatten säumt, muss man sich erst einmal schön saufen können. Da gehört was zu.
Mit viel Mühe könnte man noch versuchen, die Symmetrie der einzelnen Gebäudeteile zu loben, die Gleichförmigkeit der Konstruktion zu adeln und hervorzuheben, dass die Absperrgitter die Silhouetten der dort parkenden Autos ein wenig verwaschen wirken lassen.
Früher sah das einmal anders aus. Sehr schön kann man das anschauen, wenn man sich noch einmal den Thriller „Straight Shooter“ zu Gemüte führt. Der wurde vor der Jahrtausendwende in und um den Landtag gedreht. Mit Dennis Hopper in der Haupt- und Heino Ferch in der Titelrolle. In Minute 70 kann man da bestaunen, dass das Parkhaus früher komplett mit Betonstreben verkleidet war. Das machte einen wesentlich imposanteren Eindruck als das Hühnerstallambiente von heute.
In einer Szene des Films trägt Heino Frech ein Schornsteinfegerkostüm und liegt als Amok laufender Scharfschütze auf dem Dach des Parkhauses und zielt mit seinem Gewehr auf den vor dem Landtag stehenden Dennis Hopper. Großes deutsches Kino wollte das damals sein, und es markiert wahrscheinlich den Höhepunkt im Leben dieses sehr, sehr hässlichen Autoaufbewahrungszweckbaus.
Eigentlich dürfte man das mit der Heino-Ferch-Szene gar nicht so laut sagen, denn sonst kommt noch irgendwer auf die Idee, das Parkhaus unter Denkmalschutz zu stellen. Doch, mit so etwas muss man rechnen, weil es bestimmt jemanden gibt, der sagt, dass der Landtag in seiner architektonischen Wuchtigkeit nur deshalb so imposant wirkt, weil er von dem Parkstall gegenüber kontrastiert wird. Und dann war ja auch noch Heino Ferch da. Klingt bescheuert, doch wer schon einmal im Hirn eines durchschnittlichen Denkmalschützers unterwegs war, der wird wissen, wovon ich rede.