Corona „Die Welle der Hilfsbereitschaft ist riesig“

Düsseldorf · Bei Wolfgang Gerhard und seinem Team kommen die Hilfsangebote der Düsseldorfer an. Knapp 400 Freiwillige, darunter auch Unternehmen, sind in einer Datenbank erfasst und warten auf ihren Einsatz. Auch medizinisches Personal hat sich gemeldet.

Wolfgang Gerhard und sein Team koordinieren die Hilfsangebote.

Foto: Ursula Kieninger

Gerade einmal 20 Minuten dauert das Telefonat mit Wolfgang Gerhard. Als er zum Ende hin in sein Postfach schaut, sind schon wieder 13 neue Hilfsangebote eingegangen. „Täglich, stündlich, fast minütlich melden sich Menschen bei uns“, sagt er. Sie wollen helfen. Für Senioren zur Apotheke gehen, für Menschen in Quarantäne einkaufen, zur Post oder mit dem Hund Gassi gehen. „Die Welle der Hilfsbereitschaft ist riesig“, sagt Gerhard. Damit sie nicht verebbt, hat die Stadt im Amt für Soziales eine zentrale Anlaufstelle geschaffen. Sozialplaner Wolfgang Gerhard und sein Team nehmen die Hilfsangebote entgegen.

Erst seit November arbeitet der 41-Jährige bei der Stadt Düsseldorf als Sozialplaner und hat dabei die soziodemografische Entwicklung in den Stadtteilen im Blick. Dann kam plötzlich die neue Aufgabe hinzu. Mit einem kleinen Team und einer Excel-Tabelle legte er sofort los und „reparierte am laufenden Motor“.

Mittlerweile ist das Team auf 14 Personen angewachsen. Und die Anzahl ist auch nötig. Schließlich sind seit dem Start mehr als 500 Hilfsangebote eingegangen. Viele rufen die Corona-Hotline an, andere wenden sich an die Ehrenamtsbeauftragte der Stadt, an den Seniorenrat oder wählen sogar die Nummer der Feuerwehr. Egal welcher Kanal genutzt wird, verloren gehe keine der Anfragen. „Hier läuft alles zusammen, wir sind gut vernetzt“, sagt Gerhard.

Ein Zettel an einem Baum bietet Nachbarschaftshilfe an.

Foto: Ines Arnold

Zwei Datenbanken hat das Team erstellt. Eine speziell für medizinisches Personal: „Es haben sich Krankenschwestern angeboten, die aus verschiedenen Gründen ihren Beruf zurzeit nicht ausüben. Auch ein ehemaliger OP-Pfleger hat sich gemeldet oder auch ein Zahnarzt, der momentan nicht arbeiten kann“, zählt Gerhard auf. Bislang sind 30 medizinisch qualifizierte Helfer erfasst und deren Daten an das Gesundheitsamt oder an Pflegeeinrichtungen weitergeleitet worden.

In der Datenbank der übrigen Düsseldorfer stehen deutlich mehr. Knapp 400 Helfer sind erfasst, darunter auch 17 Unternehmen. „Aktuell ist das Angebot deutlich größer als der Hilfsbedarf“, sagt Gerhard. „Aber wir sind froh über jeden, der sich bei uns meldet. Wir müssen nämlich davon ausgehen, dass es mehr Erkrankte und mehr Menschen in Quarantäne geben wird, die dann entweder selbst Hilfe benötigen oder für ihre Angehörige nicht mehr als Helfer zur Verfügung stehen.“ Die Stadt erhofft sich durch den frühzeitigen Aufbau des Freiwilligen-Pools einen zeitlichen Vorsprung, bevor der Hilfsbedarf in den kommenden Wochen wächst.

Jeder, der seine Hilfe anbietet, wird von einem Mitarbeiter zurückgerufen. Die Helfer werden je nach Wohnort und gewünschtem Einsatzgebiet schließlich an eins der 32 „zentren plus“ oder andere Kooperationspartner wie Kirchengemeinden oder das Nachbarschaftsnetzwerk „Hallo Nachbar“ vermittelt. Sie stehen in den verschiedenen Stadtteilen bereits eng mit den Senioren in Kontakt und wissen, wo Hilfe benötigt wird. Sind deren eigene Helfer-Kapazitäten erschöpft, kommen die Freiwilligen aus der Datenbank zum Einsatz. 13 sind es bislang. „Wir nutzen die Seniorenstrukturen“, sagt Gerhard. „Aber natürlich werden hilfsbedürftige Menschen jeden Alters darüber versorgt.“

Freiwillige haben keinen direkten Kontakt zu den Hilfesuchenden

Die meisten Freiwilligen bieten an, Einkäufe und andere Erledigungen zu übernehmen. Es gibt aber auch Angebote, die Gerhard aus Sicherheitsgründen ausschlagen muss, etwa private Kinderbetreuung oder IT-Aufrüstungen der PCs von Senioren. „Wir wollen nichts Böses unterstellen, aber das Risiko, dass es in Einzelfällen ausgenutzt wird, ist einfach zu hoch.“

Um das Ansteckungsrisiko zu minimieren, werden die jeweiligen Aufgaben nicht vermischt. Wer in der Apotheke Medikamente besorgt, geht nicht auch noch zum Supermarkt oder führt den Hund aus. Außerdem besteht kein persönlicher Kontakt zwischen dem Freiwilligen und dem Hilfesuchenden, die Einkäufe werden vor der Tür abgestellt. Die Bezahlung läuft dann beispielsweise über die „zentren plus“, ohne dass die Helfer das Geld vorstrecken müssen.

Die einfachste Form der Hilfsbereitschaft sei aber immer noch die Vernetzung in der Nachbarschaft und im Bekanntenkreis. Direkt im Umfeld nachzufragen, ob Hilfe benötigt wird, Zettel bei den älteren Nachbarn in den Briefkasten zu werfen, den Eltern von Freunden, die gerade selbst nicht in Düsseldorf wohnen, Unterstützung anzubieten.