Wollte Dreifach-Mörder wieder töten?
Ein Mitgefangener hatte Yanqing T. „verpfiffen“. Es gab eine Attacke beim gemeinsamen Hofgang. Schwere Vorwürfe kommen vom Anwalt.
Düsseldorf. Fred W. hat selbst zwei Menschen auf dem Gewissen. Trotzdem hat der 54-Jährige möglicherweise einem Justiz-Mitarbeiter das Leben gerettet. Er informierte die Behörden davon, dass Yanqing T., der bei seinem Amoklauf in Düsseldorf und Erkrath drei Menschen umbrachte, einen neuen Plan hatte: Er wollte einen Wachtmeister im Gefängnis töten. Danach wurden verstärkte Sicherheitsmaßnahmen gegen den Chinesen angeordnet. Zunächst ahnte Yanqing T. aber offenbar nicht, wer ihn „verpfiffen“ hatte. Doch später hat der 51-Jährige wohl erfahren, dass Fred W. dahinter steckte. Trotz dieser Konflikt-Situation wurden die beiden Gefangenen im Februar diesen Jahres wieder zusammen in eine Haftanstalt verlegt. Gleich beim ersten Hofgang attackierte der gelernte Koch seinen Kontrahenten mit einer abgebrochenen Tasse und wollte sich offenbar rächen. „Das hätte so nie passieren dürfen“, sagt Rechtsanwalt Martin Lauppe-Assmann, der Fred W. vertritt und die Hintergründe aufklären will. Wie ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Bielefeld bestätigte, wird auch dort ermittelt.
Fred W. war schon 2009 wegen des Mordes an einem Autohändler zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Später stand er wegen eines weiteren Falls in Belgien vor Gericht. In der Justizvollzugsanstalt Düsseldorf lernte er Yanqing T. kennen, der im September vor drei Jahren wegen dreifachen Mordes verurteilt wurde. Noch während des Prozesses soll der gelernte Koch angekündigt haben, einen Wachtmeister in den Hals zu beißen und zu töten. Das wurde allerdings nicht weiter verfolgt, da dem 51-Jährigen ohnehin eine lebenslange Haft bevorstand.
Im April vor zwei Jahren wurde Yanqing T. dann in die Haftanstalt Bielefeld-Brackwede verlegt. Bis dahin hatte er noch mehrere Monate mit Fred W. gemeinsam eingesessen. Wie die Leiterin der JVA Düsseldorf, Elke Krüger, einer Stellungnahme erklärte, sei der Hinweis auf die geplante Gewalttat auf einen Justiz-Bediensteten „dankend angenommen, stets vertraulich behandelt und gegenüber dem Gefangenen T. zu keiner Zeit offen kommuniziert worden.“ Elke Krüger weist alle Vorwürfe gegen ihre Beamten zurück: „Gleichwohl könnte der verdeckte Hinweis ursächlich für den körperlichen Angriff auf ihren Mandanten sein.“ Bis der Chinese verlegt wurde, sei es zu keinen Anfeindungen oder Aggressionen gekommen.
Das änderte sich allerdings, als Fred W. am 20. Februar ebenfalls nach Bielefeld gebracht wurde. Gleich beim ersten gemeinsamen Hofgang soll Yanqing T. eine Keramiktasse an einer Wand zerschlagen haben und mit den Scherben auf den 54-Jährigen losgegangen sein. Fred W., überlebte den Angriff und sitzt seine Strafe inzwischen in Köln ab.
Martin Lauppe-Assmann kritisiert, dass die Justiz den Vorfall auf dem Gefängnishof zunächst nicht weiter verfolgen wollte. Erst nachdem der Anwalt sich an die Bielefelder Staatsanwaltschaft wandte, seien die Ermittlungen wegen eines versuchten Tötungsdeliktes wieder aufgenommen worden: „Es ist unglaublich, dass die beiden Gefangenen trotz der Vorgeschichte zusammengelegt wurden.“