Düsseldorf Zweckentfremdung von Wohnraum: Kann die Stadt Mieter besser schützen?
Eine Familie aus Unterbilk fordert Regeln gegen die Zweckentfremdung von Wohnraum. Die Politik berät neu.
Düsseldorf. Zweckentfremdung von Wohnraum ist in Städten wie Düsseldorf mit akutem Mangel an preiswerten Wohnungen ein Reizthema. Aber: Wann liegt sie vor? Und was kann eine Stadt dagegen tun? Familie S. aus Unterbilk brachte ihren Fall vor den Beschwerdeausschuss im Rathaus — und trat eine Debatte um Mieterschutz, Partikularinteressen und Eigentumsrechte los. Am Ende entschied eine Mehrheit von SPD, Grünen, Linken und Freien Wählern, dass sich der Wohnungsausschuss en detail mit dem Thema befasst. Matthias Herz, Wohnungsexperte der SPD, machte auch klar, was dabei rauskommen sollte: „Ja, Düsseldorf braucht wieder eine Zweckentfremdungssatzung, die zumindest schon mal Kontrollen ermöglicht.“
Doch der Reihe nach: Das Ehepaar mit zwei Kindern wohnt seit vielen Jahren in dem Mietshaus, Anfang 2016 habe ihnen der neue Eigentümer wegen Eigenbedarf gekündigt: „Dabei sollen drei Wohnungen gewerblich als Atelierräume genutzt werden“, schimpft Frau S. Diese Vernichtung von Wohnraum müsse die Politik stoppen. Der Vermieter widerspricht: Seine Familie mit vier Kindern wolle ein Mehrgenerationenhaus einrichten, es gehe nicht um Zweckentfremdung, nur eine kleine Wohnung und ein Zimmer seien für Ateliers vorgesehen.
Wohnungsamtsleiter Thomas Nowatius erstaunte mit einer deutlichen Stellungnahme im Sinne der „Anklage“: Der Sachverhalt beschreibe eine „klassische Fallvariante der Wohnraumzweckentfremdung“; hier gehe es um eine „sukzessive Entmietung mit dem Hinweis auf Eigenbedarf, wobei tatsächlich eine Mischnutzung angestrebt wird“. Die Stadt habe keine rechtliche Handhabe dagegen, sagte Nowatius — und erinnerte an die bis 2006 geltende Zweckentfremdungsverordnung, die ein probates Mittel gegen Wohnraumvernichtung gewesen sei . Insofern sei ihre Wiedereinführung „wünschenswert“ .
Das sehen CDU und FDP anders. Die Stellungnahme sei einseitig, meinten Andreas Stieber und Christian Rütz (CDU), es sei zudem sehr fraglich, ob dieser Einzelfall als Exempel für ein allgemeines Problem tauge. Rütz: „Zudem hat sich die Zweckentfremdungsverordnung oft als wenig erfolgreich erwiesen, sie führt vor allem zu mehr Bürokratie.“ Auch die FDP betonte, dass etwa die Kölner Schutzsatzung der Unterbilker Familie überhaupt nicht geholfen hätte.
Günther Karen-Jungen (Grüne) konterte: „Wir brauchen schon lange eine solche Satzung im Sinne des Mieterschutzes — aber leider gibt es dafür keine Mehrheit im Rat.“
Familie S. hofft nun, eine neue Wohnung zu finden, in der sie sich ähnlich wohlfühlt. Und wo ihr nicht mehr so leicht gekündigt werden kann.