Einzelhandel in Hilden und Haan Guter Umsatz auf der Mittelstraße

Hilden/Haan · So groß sind die Gegensätze: Der Einzelhandel in Hilden kann dank der Mittelstraße einer schwächelnden Konjunktur trotzen, wenige Kilometer weiter östlich finden sich keinen Konzepte gegen den Leerstand.

Auf der Mittelstraße stieg die Besucherfrequenz an den Samstagen im vergangenen Jahr noch einmal an.

Foto: Köhlen, Stephan (teph)

Generell hat der Einzelhandel eine hohe marktwirtschaftliche Bedeutung, die in Hilden ohne Zweifel noch etwas größer ist als in vielen anderen Städten der Region. Das zeigt sich beim Gang über die Mittelstraße. Leere Ladenlokale sind die Ausnahme entlang der Fußgängerzone. Hilden hat sich in den vergangenen Jahrzehnten über seine Grenzen hinaus einen guten Ruf als Einkaufsstadt gemacht und lockt Konsumenten von außerhalb an. Die Unterschiede kennt die neue City-Managerin Tanja de Vries. Die Mitarbeiterin der Wirtschaftsförderung vermisst – typisch Frau, möchte man meinen – im Stadtzentrum von Hilden allenfalls ein Schuhgeschäft mehr und kann sich bei dieser Bemerkung ein Schmunzeln kaum verkneifen. Deutlich schlechter sei der Einzelhandel in ihrer Heimatstadt aufgestellt, betont die Solingerin. Dort biete die City mit ihren vielen leeren Geschäften einen traurigen Anblick. Nicht zuletzt die Eröffnung des Einkaufszentrums Hofgarten habe dem Einzelhandel in der Klingenstadt nicht gutgetan, findet die 50-Jährige.

Diese Entwicklung kennt man auch aus größeren Städten. 1994 wurde in Oberhausen der Grundstein fürs Centro gelegt. Der Einzelhandel sollte in den folgenden Jahren vom Stadtzentrum nach Norden ins ehemalige Industriegelände abwandern. Kritiker monieren, dass auch aus den angrenzenden Städten Kaufkraft abgezogen wurde. Im kleineren Maßstab sieht man genau diese Entwicklung in Essen: Das Einkaufszentrum am Limbecker Platz eröffnete 2008. Auf der Limbecker Straße und auf der Kettwiger Straße, also der Fußgängerzone, mit der Essen früher als Einkaufsstadt punkten konnte, haben sich heute Billigläden breitgemacht. In einst bester Lage stehen nun erschreckend viele Geschäfte leer.

Hilden hat den Vorteil, dass der Einzelhandel nicht mit großen Einkaufszentren in der Nähe konkurrieren muss. Davon profitiert die Mittelstraße, die sich in eine Fußgängerzone verwandeln konnte, weil der Durchgangsverkehr ab 1979 freie Fahrt über die Berliner Straße hatte. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass damals in den politischen Gremien und unter der Bürgerschaft über den Stadtumbau heftig gestritten wurde.

Hilden wird dem Ruf der Einkaufsstadt gerecht. Das bestätigt auch eine Untersuchung der Industrie- und Handelskammer, die im Frühjahr veröffentlicht wurde. Im Kreis Mettmann konnte lediglich Ratingen ähnlich gute Werte erzielen. Auffällig bei dieser Untersuchung: An den Samstagen des vergangenen Jahres stieg der Publikumsverkehr auf der Mittelstraße – es gab zwei Messpunkte – gegenüber 2022 noch einmal um 3 beziehungsweise 7 Prozent an.

Drastische Entwicklung
in der gesamten Innenstadt

In Haan muss man sich hingegen über die Entwicklung im Einzelhandel Sorgen machen. Vor allem die südliche Marktpassage hat offensichtlich deutlich an Attraktivität verloren. Donnerstags ging der Besucherverkehr laut IHK-Angaben hier um 7 Prozent zurück, samstags waren es sogar 15 Prozent. Aktuell ist der Leerstand in diesem Bereich besonders hoch. Haaner sprechen von einer drastischen Entwicklung in der gesamten Innenstadt. Ein Leser monierte in einem Brief an die Redaktion, dass die Politik die Weichen falsch stelle: „Grund- und Gewerbesteuer wurden erhöht – ob das den Standort Haan attraktiver gemacht hat, darf bezweifelt werden.“ Das ist übrigens kein neues Thema: Schon vor drei Jahren war der Leerstand im Haaner Stadtzentrum hoch. Jeweils drei freie Ladenlokale wurden im Sommer 2021 auf der Kaiserstraße, am Neuen Markt und an der Bahnhofstraße gezählt, zwei weitere fanden sich an der Friedrichstraße. Im Rahmen einer Umfrage durch die Aktionsgemeinschaft „Wir für Haan“ wurden Händler nach ihren Perspektiven in der Gartenstadt befragt. 95 Prozent gaben an, um ihre Existenz zu bangen. Zu diesem Zeitpunkt zeichneten sich weitere Geschäftsaufgaben ab, sodass die Politik mit Mietzuschüssen gegensteuern wollte. Bis zu 50 Prozent der Nettokaltmiete sollten für einen Zeitraum von bis zu einem Jahr durch die öffentliche Hand bezahlt werden. Der Betrag war bis zu einer Höhe von 1000 Euro pro Monat gedeckelt. Das Geld in Anspruch nehmen konnten Gründer, die ein leeres Ladenlokal übernahmen. Tatsächlich aber folgten weitere Geschäftsaufgaben von Firmen, die zum Teil über Jahrzehnte in Haan Kasse gemacht hatten, wie zum Beispiel Tamaris (Schuhe) und Molitor (Bekleidung). 2024 steht fest, dass der Leerstand in Haan immer noch hoch ist.