Interview „Ich werde weiter meine Meinung sagen“

Kempen. · Interview Vor zwei Wochen endete die 20-jährige Amtszeit von Wolfgang Lochner als Vorsitzender der FDP im Kreis Viersen. Der Rechtsanwalt will sich aber beruflich und politisch weiterhin engagieren.

Der Kempener Anwalt Wolfgang Lochner tritt politisch kürzer, will aber weiterhin eine meinungsstarke Rolle spielen.

Foto: Reimann, Friedhelm (rei)

Die Anerkennung für Wolfgang Lochner ist riesig. Nach seinem Rückzug als Kreisvorsitzender der FDP gab es zahlreiche Meldungen von Politikern – über die Parteigrenzen hinweg. So dankte CDU-Kreisvorsitzender Marcus Optendrenk via Facebook für eine „verlässliche demokratische Zusammenarbeit“. FDP-Bundesparteichef Christian Lindner schickte gar ein persönliches Video an Lochner für den Kreisparteitag vor 14 Tagen. Im Nachgang traf sich Lochner mit der WZ.

Herr Lochner, nach 20 Jahren an der Spitze der Kreis-FDP soll nun damit Schluss sein. Wird man Sie in der Politik jetzt gar nicht mehr wahrnehmen?

Wolfgang Lochner: Das hoffe ich doch nicht. Ich habe weiterhin vor, politisch aktiv zu bleiben, mich einzubringen und meine Meinung zu sagen. Weil jetzt aber eine Knie-Operation wegen einer Arthrose nicht länger aufgeschoben werden kann, wäre ich gerade im bevorstehenden Kommunalwahlkampf als Kreisvorsitzender nicht voll einsatzfähig gewesen. Und weil die Interessen der Partei immer Vorrang haben müssen vor den persönlichen Interessen, war die Übergabe des Amtes jetzt notwendig.

Sie bedauern Ihren Rückzug also schon?

Lochner: Ich hätte gerne noch bis zur Kommunalwahl weitergemacht und dann aufgehört. Aber so ist es jetzt gekommen. Ich habe großes Vertrauen in meinen Nachfolger Felix Grams. Er ist aus meiner Sicht ein Hoffnungsträger der „jungen“ FDP im Kreis Viersen. Und ich selbst werde auch weiterhin aktiv sein – zum Beispiel als sachkundiger Bürger in der Kreistagsfraktion, aber insbesondere auch als gerade ernannter Ehrenvorsitzender der Kreis-FDP.

Sie sagten eben, dass Sie weiterhin Ihre Meinung sagen werden. Wie ist derzeit Ihre Meinung zur Bundes-FDP – nach dem Debakel in Thüringen?

Lochner: Das, was dort passiert ist, war ein großer Fehler des Landesverbandes Thüringen. Das habe ich ja auch gleich danach in einer Pressemitteilung deutlich zum Ausdruck gebracht. Grundsätzlich ist mir die Positionierung der Bundes-FDP als ‚Partei der Mitte‘ im Moment zu schwammig. Wir müssen das liberale Profil wieder schärfen und dringend Themen besetzen, die Alleinstellungsmerkmale der FDP sind, und so den Leuten Orientierung geben, warum sie gerade FDP wählen sollen. Das gilt gerade auch jetzt in einer völlig veränderten Parteienlandschaft, in der es die ehemals großen Volksparteien CDU und SPD so nicht mehr gibt. Dies eröffnet auch Freiräume für die Freidemokraten, wieder deutlich zweistellig zu werden. Ich hoffe, dass wir das hinbekommen und wir mit Rückenwind aus Berlin in die Kommunalwahl gehen können. Denn das Thüringen-Debakel und ein damit einhergehender Verlust an Glaubwürdigkeit hat den Kollegen in Hamburg schon sehr geschadet.

Blicken wir auf Kempen und den Kreis Viersen. Wie sehen Sie die Rolle der FDP vor Ort?

Lochner: Nun, ich denke, dass sich auch hier die Parteienlandschaft verändern wird. Im Kreis Viersen liegen wir bei den Wahlergebnissen traditionell immer deutlich über dem Bundestrend, denn wir sind hier stark aufgestellt. Und das soll auch so bleiben. Ich hoffe sehr, dass wir alle gemeinsam die AfD aus Kreistag und Räten raushalten können, denn die AfD ist derzeit die größte Bedrohung für unsere Demokratie und für unsere liberalen, humanistischen Werte.

Welche Wünsche haben Sie für die künftige Politik der Kreis-FDP?

Lochner: In den vergangenen Jahren habe ich immer dafür gekämpft, dass sich die Partei stets zuerst für die Belange der Bürger einsetzt und Parteienkonkurrenz vor allem auf kommunaler Ebene nachrangig sein muss. Ein gutes Beispiel hierfür ist die sogenannte G-8-Runde – ein regelmäßiges Treffen der Kreisvorsitzenden und der Fraktionsvorsitzenden von CDU, SPD, Grünen und FDP –,  wo wir ausloten, was gemeinsam geht und was nicht. Diese parteiübergreifende Zusammenarbeit im Interesse der Bürger ist seit zehn Jahren ein Erfolgsmodell. Ich hoffe sehr, dass dies fortgesetzt wird. Weiterhin hoffe ich, dass die sehr guten Kontakte zu unseren niederländischen Nachbarn – hier unserem liberalen Partner VVD in Venlo und in der Provinz Limburg – weiterhin gepflegt werden, denn als Nachbarn in einem vereinten Europa haben wir grenzüberschreitend viele gemeinsame Interessen.

Sie sind jetzt 68 Jahre alt und treten nun politisch kürzer. Gilt das auch für Ihren Beruf als Rechtsanwalt?

Lochner: Nein, auf gar keinen Fall. Ich will noch ein paar Jahre weitermachen. Insbesondere im Bereich Strafrecht und Jugendstrafrecht will ich mich weiter engagieren. Vor allem auch im Hinblick auf die bei uns vorbildliche Zusammenarbeit mit den Beteiligten wie Polizei, Staatsanwaltschaft, Richter, Bewährungshelfer und Jugendgerichtshilfe. Das berufliche Engagement in diesem positiven Umfeld macht mir weiterhin Freude.