Premiere am Sonntag im Großen Haus Unbeirrt aufs Glück vertrauen

Düsseldorf · Ein Bäumchen baumelt vom Bühnenhimmel. Mit dürren Wurzeln schwebt es in der Luft, wird sorgsam auf dem Boden abgelegt. Wohlgefällig beobachtet André Kaczmarczyk die Szenerie. „Da kommt jetzt noch Glitzerschmuck dran“, sagt der Regisseur des Kinder- und Familienstücks „Der Teufel mit den drei goldenen Haaren“.

Eduard Lind als „Der Teufel mit den drei goldenen Haaren“.

Foto: Thomas Rabsch

Und ruft einem Mitarbeiter zu: „Du weißt ja, wenn Maus und Katze in die Hölle fahren, musst Du dafür sorgen, dass sie unten bleiben.“ Noch wirkt die Bühne des Großen Hauses karg. Doch die Betriebsamkeit deutet auf die bevorstehende Premiere hin.

Mit dieser erneuten Koproduktion von Schauspielhaus und Jungem Schauspiel wolle man ausdrücklich Theater für Menschen machen, egal, welchen Alters, sagt Kaczmarczyk in einer Probenpause. „Wir haben danach gesucht, eine eigene Welt zu erschaffen, die etwas mit unserer Gegenwart zu tun hat und zugleich in einen fantastischen, symbolischen Raum hineinreicht, sowohl inhaltlich als auch visuell.“

Das Märchen gehört nicht zu den allerbekanntesten der Brüder Grimm. Warum hat man sich für diesen Stoff entschieden? „Tatsächlich sind wir viele Umwege gegangen“, antwortet der Regisseur. „Wir haben zeitgenössische Kinder- und Jugendliteratur gelesen, in traditionellen Weihnachtsstücken geblättert und Fantasy-Filme angeschaut. Weil wir nicht fündig wurden, haben Dramaturgin Janine Ortiz und ich zwischenzeitlich sogar ein eigenes Stück geschrieben.“

Reminiszenzen an Tod, Krieg
und Bedrohungen für die Umwelt

Von Stefan Fischer-Fels, dem Leiter des Jungen Schauspiels, kam schließlich der entscheidende Hinweis auf die Fassung des Grimm’schen Märchens von F. K. Waechter. „Ich war und bin fasziniert von ihrer Verspielt- und Versponnenheit, der kraftvollen sprachlichen Eigenheit, dem Witz und der Poesie“, sagt Kaczmarczyk. „Bei aller Leichtigkeit meidet Waechter bestimmte Themen nicht. Es finden sich darin auch Reminiszenzen an Tod, Krieg, Ängste und Bedrohungen für die Umwelt. Er mutet es uns zu, mal überspitzt, mal subtil, mal ganz pur.“ Bis auf wenige Anpassungen folge der Autor der Grimm’schen Vorlage recht genau, lediglich den Anfang der Geschichte habe er stark bearbeitet.

Welche Botschaft nimmt man aus dem Stück mit? Kaczmarczyk führt ein Zitat an: „Wer den Teufel nicht fürchtet, kann ihm die Haare ausrupfen und alles gewinnen.“ So wie der unerschrockene Knecht im Märchen, der unbeirrt auf sein Glück vertraut und am Ende gegen alle Widerstände die schöne Königstochter gewinnt. Vielleicht, überlegt der Regisseur, seien wir alle als Glückskinder geboren – solange wir uns von unseren Ängsten nicht lähmen lassen und den Mut aufbringen, ihnen zu begegnen. Er habe ganz neue Regie-Erfahrungen gemacht: „Es war eine große Freude, mit so einem wunderbaren Team zu arbeiten, das mit hoher Konzentration bei der Sache ist, ohne Egozentrik und Eitelkeit. Ich durfte außerdem entdecken, wie viel Vergnügen ich dabei hatte, diesen Stoff für die Bühne umzusetzen. Das macht mir große Lust auf mehr.“ Schon vor den Proben sei er aus der Theaterpädagogik und der Dramaturgie des Jungen Schauspiels darauf hingewiesen worden, es sei für Kinder besonders wichtig, dass Gerechtigkeit wiederhergestellt wird, berichtet er. „Auf Schrecken und Hindernisse muss der Weg ins Helle folgen. Aber da wurden bei mir offene Türen eingerannt. Lichtblicke brauchen alle Menschen. Immer – und vielleicht auch gerade jetzt.“