Konzert in Düsseldorf und neue CD Igor Levit und die Wahnsinnige am Meer

Düsseldorf · Der Pianist gastiert mit dem NDR-Orchester an diesem Samstag in der Tonhalle. Außerdem legt er eine neue CD vor – mit einem bizarren Finale.

Pianist Igor Levit bei einem Konzert in Wismar.

Foto: dpa/Jens Büttner

Das Faszinierende am Pianisten Igor Levit ist, dass seine Tage 26 Stunden zu haben scheinen. Die zwei überzähligen Stunden nutzt er, um am Weltgeschehen teilzunehmen, politische Kommentare zu formulieren und neue Werke zu sichten, die beim  täglichen Training nicht im Zentrum stehen.

Levit ist ja insofern ein Phänomen, als er auch einer der fleißigsten Einspringer in der Branche ist. Sagt irgendwo bei einem wichtigen Konzert oder gar Festival ein pianistischer Top-Star ab, darf man darauf wetten, dass Igor Levit als Ersatzmann das Vakuum füllt. Sofern er an dem Abend nicht selbst ein Konzert gibt.

Zu Düsseldorf hat Levit eine besonders innige Beziehung. In der Tonhalle führte er bereits alle Beethoven-Sonaten auf und war auch mit experimentellen Programmen zu Gast. Mit Tonhallen-Intendant Michael Becker und Heinersdorff-Geschäftsführer Burkhard Glashoff ist er befreundet, alle drei verbindet die Liebe zur Stadt Hannover, in der sie musikalisch aufwuchsen oder weitergebildet wurden. Jedenfalls werden viele rheinische Musikfreunde an diesem Samstag, 17. Februar, 20 Uhr, in ihrem Terminkalender dick markiert haben. Dann spielt Levit mit dem NDR-Orchester aus Hamburg das wunderbare, geheimnisvoll-schöne Klavierkonzert Nr. 3 von Béla Bartók; am Pult steht Alan Gilbert. Nach der Pause erklingt die Sinfonie Nr. 1 c-Moll von Johannes Brahms, ein weiterer Klassiker des Repertoires.

Die Zeit hat Levit weiterhin genutzt, um bei seinem Hauslabel Sony eine neue Platte aufzunehmen. Die hat insofern eine schöne Düsseldorf-Komponente, als Levit eine Auswahl aus den „Liedern ohne Worte“ von Felix Mendelssohn Bartholdy spielt, der ja eine Zeit lang in Düsseldorf wirkte.

Das Ende der CD ist eine kostbare nachtromantische Überraschung

Hier hören wir tatsächlich sehr zarte, von Poesie erfüllte Charakterstücke, die der großartige Pianist Levit mit viel Luft zwischen den Noten spielt.

Das Ende der CD ist eine kostbare nachtromantische Überraschung: das wenig bekannte Klavierstück „Chanson de la folle au bord de la mer“ (Gesang der Wahnsinnigen am Meeresufer) des Franzosen Charles-Valentin Alkan. Schon die Tonart ist bizarr: as-Moll, also mit sieben B als Vorzeichen. Die linke Hand spielt düstere Akkorde in tiefer Lage, die rechte flehende gebrochene Dreiklänge. Als Gerüst wirken Sehnsuchtsrufe im Intervall der Signalquarte. Der Mittelteil verheißt Hoffnung, aber er ist ein Albtraum, der in sich zusammenbricht. Das Meer rumort unaufhörlich.