Düsseldorfer Tonhalle erinnert an den großen Humoristen Ein Denkmal für Heinz Erhardt
Düsseldorf · Heinz Erhardt, der unvergessene Humorist, bleibt auch auf der Bühne lebendig. Schauspieler und Musiker werden ihm in Düsseldorf einen ganzen Abend widmen.
Man kennt sie ja, die Heinz-Erhardt-Parodisten, die mit Brille, Bekleidung und Bewegung auf eine täuschende Ähnlichkeit mit dem Humoristen bedacht sind. Kann man machen, ist lustig, findet sein Publikum. Doch der Heinz-Erhardt-Abend, der am 1. März in der Tonhalle zu genießen ist, hebt sich davon deutlich ab. Bei „Augen auf und durch“ lebt der wortwitzige Künstler auf andere Weise weiter. Seine Sketche, Lieder und Gedichte werden interpretiert von Soulsänger Stefan Gwildis und den Schauspielern Annette Frier und Dietmar Bär, die NDR-Bigband spielt Erhardts Kompositionen.
„Leute, bleibt bei euch selbst, bloß keine Parodie, macht einfach, was ihr fühlt“ – das war die Prämisse von Nicola Tyszkiewicz. Die Hamburger Musikproduzentin ist die Enkeltochter von Heinz Erhardt und Ideengeberin des Projekts, dessen Anfänge weit zurückreichen. Im Nachlass ihres Großvaters, der 1979 starb, entdeckte sie bislang unveröffentlichte Schätze. Zu seinem 100. Geburtstag 2009 entstand daraus eine CD mit der NDR-Bigband. Ein Bühnenprogramm, wie es Tyszkiewicz vorschwebte, konnte erst 2018 realisiert werden. Ein voller Erfolg, quer durchs Land. „Ich habe meinen Großvater sogar in die ausverkaufte Elbphilharmonie gebracht“, erzählt sie. Künstler wie Hannelore Hoger und Götz Alsmann hatten Gastauftritte, und schon damals war Stefan Gwildis eingebunden: „Ein Überzeugungstäter der ersten Stunde“, kommentiert die Produzentin, „er liebte meinen Großvater sehr, und das spürt man auch.“
2024 geht „Augen auf und durch“ erneut auf Tour, wieder mit der NDR-Bigband und frischen musikalischen Arrangements. Neben Gwildis komplettieren die Schauspieler Annette Frier und Dietmar Bär das Trio in der Tonhalle.
Erhardt war geprägt von Literaten wie Morgenstern und Ringelnatz
Frier wird literarische Fundstücke vorlesen, darunter anrührende Briefe. Die Herren werden hauptsächlich singen. Ein wenig zierte sich Bär, als Gwildis ihn dazu bat: Er sei doch kein Profisänger. Was ihm nicht half. „Der Bursche hat eine derart urige, einzigartige Stimme und eine solche Ausstrahlung auf der Bühne“, sagt Gwildis: „Es geht hier nicht um makellosen Gesang, den beherrschte Erhardt schließlich auch nicht. Viel wichtiger sind Ausdruck und Inhalt.“
Er ist mit Heinz Erhardt im Fernsehen aufgewachsen. Was macht für ihn die Faszination dieses Komikers aus, die schon locker zwei Generationen überdauert? „Er hat mit seinem Humor den Zeitgeist nach dem Krieg haarscharf erfasst“, antwortet Gwildis: „Die Menschen hatten nichts, nur ihre gute Laune, heilfroh, den ganzen Mist hinter sich zu haben. In Wort und Spiel eine Leichtigkeit zu entwickeln, war das Gebot der Stunde.“ Dennoch habe Heinz Erhardt, geprägt von Literaten wie Morgenstern und Ringelnatz, stets eine Haltung gezeigt, einige seiner Briefe seien hochpolitisch und noch heute aktuell.
Und was für wunderschöne Balladen er geschrieben habe! Stefan Gwildis hat „Der Einsame“ vertont, gemeinsam mit seinem Pianisten und Produzenten Tobi Neumann. „Keine Spur vom üblichen süffisanten Scherzbold“, sagt er: „Da ist ein Melancholiker mit einem ganz tiefen Blues. Das passt zu den Fotos, wie er als Soldat mit Stahlhelm traurig und verloren an der Ostsee steht.“ Aber natürlich überwiegen auch in diesem Programm die heiteren Beiträge.
Zu allen Stationen wird Nicola Tyszkiewicz als verantwortliche Produzentin mitreisen: „Mich hat die Musik der Bigband sofort chloroformiert, ein wahrer Rausch.“ Ohne ihre Berufserfahrung hätte sie das nicht auf die Beine stellen können, sagt sie, „dazu braucht es nicht nur Sachverstand, sondern viele Liebe und Muße“. Sie war es auch, die sich über Jahrzehnte um Erhardts Nachlass kümmerte, inzwischen hat das die Erbengemeinschaft übernommen. Ihre 2016 verstorbene Mutter Grit, verheiratet mit dem Cellisten Hans Berthold, war die Älteste der vier Erhardt-Kinder und den Eltern am engsten verbunden.
Die Enkelin hat lebhafte Erinnerungen an den Großvater, der nur eine Straße weiter wohnte. Unvergessen sind ihr vor allem die gemeinsamen Autofahrten: „Er war grundsätzlich zu schnell unterwegs, gab auf der Autobahn hemmungslos Vollgas.“ Später, nach seinem Schlaganfall, als ihm tragischerweise die Worte fehlten, hat sie ihn als 18-Jährige im Mercedes Coupé herumkutschiert.
In ihrer Kindheit und Jugend konnte sie ihn bei vielen Auftritten beobachten: „Wenn er einen Raum betrat, ging die Sonne auf, die Leute zeigten sich glücklich, ihn zu sehen. Privat war er freundlich, aber ein Workaholic. Es passierte öfter, dass er mitten im Essen aufstand, weil ihm etwas einfiel.“ Ein lustiger Opa sei er aber gewesen, ergänzt Nicola Tyszkiewicz: „Ich sehe ihn noch vor mir stehen, immer mit der Katze auf der Schulter, wie eine Hexe.“