NRW Immer mehr ältere Häftlinge: NRWs Gefängnisse brauchen Senioren-Abteilungen

Auch hinter Gittern wächst die Zahl der Ergrauten. Schon in sechs Justizvollzugsanstalten in NRW gibt es inzwischen Abteilungen für Senioren.

Ein Häftling im Rentenalter geht mit einem Rollator über den Flur im Seniorentrakt der JVA Waldheim.

Foto: Jan Woitas

Köln. Die Bevölkerung wird immer älter - auch hinter Gittern. In Nordrhein-Westfalen haben inzwischen sechs Justizvollzugsanstalten spezielle Abteilungen für Senioren ab 60 Jahren eingerichtet, wie das Justizministerium mitteilte. Nach den aktuellsten Zahlen waren Ende März 2016 von insgesamt gut 13 000 Inhaftierten 511 Personen 60 Jahre oder älter - knapp vier Prozent. Zum Vergleich: 1990 waren nur 141 Häftlinge oder 1,3 Prozent in dieser Altersgruppe 60 plus. „Der Justizvollzug in NRW setzt grundsätzlich auf eine altersgemischte Unterbringung“, sagte ein Sprecher des Ministeriums der Deutschen Presse-Agentur. Aber: In einigen Fällen bestehe „besondere Haftempfindlichkeit“.

Auch wenn „eine Integration lebensälterer Gefangener in den Haftalltag nicht oder kaum möglich“ sei, komme eine Inhaftierung in einer Seniorenabteilung in Frage. NRW verfüge hier aktuell über 130 Haftplätze - in Attendorn, Bielefeld-Senne, Castrop-Rauxel, Detmold, Moers-Kapellen und Rheinbach, überwiegend im offenen Vollzug. „Der überwiegende Teil der älteren Häftlinge will da aber gar nicht hin“, schilderte Ministeriumssprecher Peter Marchlewski. „Ihr Hauptargument ist: Da ist es zu ruhig, zu langweilig, zusammen mit den jungen Leute ist es wesentlich unterhaltsamer.“

Im Seniorenvollzug sind „Ausgestaltung, Behandlung und Betreuung“ auf die Bedürfnisse der älteren Gefangenen zugeschnitten. Dazu gehören barrierefreie Unterbringung, erhöhte Betten, Haltegriffe in den Duschen, aber auch altersspezifische Sport- und Freizeitmöglichkeiten, die die geistige und körperliche Mobilität der Senioren erhalten soll. Pflegebedürftige werden ausschließlich in der JVA Hövelhof untergebracht. Insgesamt gibt es 36 Justizvollzugsanstalten in Nordrhein-Westfalen.

Der Bund der Strafvollzugsbediensteten (BSBD) hält Seniorenabteilungen grundsätzlich für sinnvoll. „Ältere Gefangene sind arbeitsintensiver zu betreuen, sie sind anfälliger für Verletzungen und manche haben mit körperliche Gebrechen zu tun“, sagte der BSBD-Vorsitzende René Müller. Ältere würden mitunter im altergemischten Normalvollzug von Mithäftlingen unterdrückt und könnten sich nicht ausreichend zur Wehr setzen.

Angesichts eines wachsenden Bedarfs plädierte die Gewerkschaft BSBD dafür, für betagte Häftlinge mit altersbedingten Gebrechen aus ganz Deutschland zentrale Justizvollzugsanstalten einzurichten. Diese müssten dann auch personell und technisch entsprechend aufgestellt sein. dpa