Statistik Immer mehr Fahrerflucht-Delikte in NRW
Das unerlaubte Entfernen vom Unfallort ist längst ein Massendelikt geworden. 2016 waren es in Nordrhein-Westfalen über 132 000 Fälle.
Düsseldorf. Die Zahl der Unfälle mit Fahrerflucht in Nordrhein-Westfalen ist in den vergangenen zehn Jahren um circa 15 Prozent gestiegen: Lag die Zahl 2007 noch bei 112 000 Fällen im Jahr, hatte die Polizei im vergangenen Jahr 132 000 Delikte dieser Art zu verzeichnen. Im selben Zeitraum stiegen die Verkehrsunfälle in NRW insgesamt nur um 10,6 Prozent auf 640 000 im Jahr 2016.
Der Anteil der Unfälle mit Fahrerfluchten steigt also leicht. Beim Ausparken ist es oft schnell passiert. Opfer einer Fahrerflucht entdecken dann nur noch die Spuren des Malheurs, wenn etwa ein Außenspiegel abgefahren wurde oder der Lack eine Schramme aufweist. Unfälle mit Fahrerflucht sind längst ein Massendelikt und für Polizei und Betroffene ein anhaltendes Problem.
Während nach Angaben des Statistischen Bundesamtes die Zahl von schweren Unfällen mit Sachschaden in den vergangenen 25 Jahren bundesweit drastisch gesunken ist, steigt der Anteil an Unfallflüchtigen daran leicht. So zählten die Statistiker 1991 rund 440 000 dieser schwerwiegenden Unfälle mit Sachschaden. Unfallflucht spielte in 8,3 Prozent dieser Fälle eine Rolle. Im vergangenen Jahr waren es nur noch gut 130 000 Unfälle dieser Art, in 10,6 Prozent der Fälle aber floh einer der Beteiligten.
Bei Unfällen, bei denen jemand verletzt oder gar getötet wurde, blieb die Quote der Flüchtigen konstant bei 4,5 Prozent. Die Polizeibehörden in Nordrhein-Westfalen beschäftigt das Phänomen seit Langem, beklagt Andreas Czogalla, Sprecher der Polizei Düsseldorf. „Die schwindende Verkehrsmoral ist leider seit Jahren zu beobachten, dabei ist das unerlaubte Entfernen vom Unfallort keineswegs ein Kavaliersdelikt, sondern eine Straftat.“
In immerhin 45,2 Prozent der Fälle konnte der Fahrerflüchtige im vergangenen Jahr ermittelt werden — ebenso wie im Vorjahr 2015. Viele Fahrerfluchten werden gar nicht erst angezeigt Das Strafmaß reicht, je nach Schwere des Unfalls, von einer Geldbuße über Führerscheinentzug bis hin zu einer Haftstrafe. Für Betroffene dürfte dies nur ein geringer Trost sein, denn wenn der Täter nicht ermittelt werden kann, bleiben sie meist auf den Kosten sitzen. Bei Fahrerflucht kommt die Kfz-Versicherung nicht für den Schaden auf. Dabei werden viele Schäden gar nicht erst angezeigt, da die Geschädigten oft bezweifeln, dass der Täter überhaupt ermittelt werden kann.
Die oft bemühte Ausrede von Unfallflüchtigen, dass es sich bei ihrem Verhalten um eine Kurzschlussreaktion gehandelt habe, will Stephania Lanzillotta-Reichstein, Verkehrspsychologin in Düsseldorf, nicht gelten lassen. Regelmäßig bereitet sie Menschen, die etwa mit Fahrerflucht im Straßenverkehr auffällig geworden sind, auf eine medizinisch-psychologische Untersuchung (MPU) vor.
„Das Handeln der Betroffenen ist plan- und absichtsvoll und damit das Gegenteil eines Kurzschlusses“, ist sie überzeugt und packt ihre Klienten nicht in Watte: „Der Betroffene muss seinen Eigenanteil erkennen und diesen ohne Bagatellisierung darlegen. Denn Menschen fahren, wie sie leben.“