Premiere im Kommödchen Worte klauben mit Jochen Malmsheimer
Düsseldorf · Jochen Malmsheimer liebt die Sprache und ist ein Meister fantastischer Wortschöpfung. Da machte seine Vorstellung im ausverkauften Kom(m)ödchen keine Ausnahme. Dort stellte der vielfach ausgezeichnete Kabarettist sein neues Programm mit dem vielsagenden Titel „Statt wesentlich die Welt bewegt…“ vor.
Zu Beginn galt es eben jenes Wesentliche zu klären und gleichermaßen das Publikum darüber in Kenntnis zu setzen, dass er – Malmsheimer daselbst – unter die Tagebuchschreiber gegangen ist. Allerdings nur montags. Was seiner Ansicht nach, keinen guten Wochenstart verspricht, seit die Politik anno Domini 1976 beschlossen hat, die Woche statt mit dem positiv besetzten Sonntag, montags beginnen zu lassen.
Um der genannten Jahreszahl mehr Gewicht zu verleihen, Malmsheimer war damals zarte 15 Lenze jung, zählte der Wortakrobat wichtige Ereignisse und Personen auf, deren Namen mit 1976 verbunden sind. Nur er schafft es dabei Ulrike Meinhof, Helmut Schmidt, Chinas aktuellen Präsidenten Chi und Louis Pasteur in Zusammenhang zu bringen.
Letzterer brachte den 62-jährigen auf das Thema Corona, das abgearbeitet werden wollte. In seiner gewohnt stimmgewaltigen Art, bestimmte Wortsilben zu betonen, ließ er noch einmal die wichtigsten Stationen seit Ausbruch der Pandemie Revue passieren. Einschließlich der Auswirkung, dass er – der vielbeschäftigte Künstler – nun auf sich selbst zurückgeworfen, mit Frau und Kindern unter einem Dach („gleichzeitig“) die freie Zeit totschlagen musste. Die Hauptbeschäftigungen Kartenspielen und Essen (besonders letzteres) hatten ihre Spuren hinterlassen, die dem Mediziner seines Vertrauens Sorgenfalten auf die Stirn trieben und zu der Bemerkung hinreißen ließen, der zweifache Vater müsse dafür Sorge tragen, dass sein Blutdruck abfalle. Sport allgemein und Fahrradfahren im Besonderen, schienen dem Arzt und Malmsheimers Angetrauten die passende Betätigung, um dieses Ziel möglichst rasch zu erreichen.
Bildreich schilderte der gebürtige Essener wie er sich in die passende Bekleidung zwängte und sich standhaft wehrte, damit auf ein neu erworbenes E-Bilke zu steigen. Für die aus dem Leben gegriffenen Geschichten, mit auf den Punkt sitzenden Pointen, liebt ihn das Publikum, seit er 1992 mit seinem Kollegen Frank Goosen als Duo Tresenlesen die Bühnen unsicher machte. Als Solokünstler entwickelte er seit 2000 seinen eigenen Stil des epischen Kabaretts.
Im zweiten Teil des Abends traf der Vielschreiber Malmsheimer auf sein Gesamtwerk und dessen dunklen Bruder Unvermögen (kurz UV). Mit den beiden diskutierte der Autor darüber, was Kunst zur Kunst macht und warum es wichtig ist, sich auch mit unbequemer Kunst auseinander zu setzen, statt sie zu verteufeln. „Nur wenn wir sie kennen, können wir daraus lernen“.
Der große Auftritt ist nicht so sein Ding. Ein Tisch mit Leselampe und ein Stuhl, um aus seinen Texten vorzutragen, reichten ihm völlig aus. Statt einer Zugabe gabs wie immer, wenn der Kabarettist sich von seinem Publikum verabschiedet, den viel zitierten „irischen Segensspruch“ mit auf den Weg: „Möge der Wind in eurem Rücken, nicht der eigene sein“.