Karneval in NRW 2023 Frei an Rosenmontag und Co.? Diese Regeln gelten
KÖLN/DÜSSELDORF · Weiberfastnacht, Rosenmontag – in den Karnevalshochburgen in NRW hat man den Eindruck, an den tollen Tagen geht gar nichts mehr – außer Feiern. Viele Arbeitgeber spielen mit, stellen ihre Angestellten frei. Aber muss der Arbeitgeber das eigentlich?
Weiberfastnacht, Rosenmontag – in den Karnevalshochburgen hat man den Eindruck, an den tollen Tagen geht gar nichts mehr – außer Feiern. All die Menschen sind jedenfalls nicht an ihrer Arbeitsstelle. Viele Arbeitgeber spielen mit, stellen ihre Angestellten frei. Aber muss der Arbeitgeber das eigentlich? Ist es nicht sein gutes Recht zu sagen: Du kommst zur Arbeit. Oder: Nimm dir einen Urlaubstag.
Volker Görzel ist Fachanwalt für Arbeitsrecht in Köln. Und er leitet den Fachausschuss „Betriebsverfassungsrecht und Mitbestimmung“ des Verbands deutscher Arbeitsrechts-Anwälte. Kennt sich also bestens aus mit solchen Fragen. Er sagt: „Grundsätzlich sind Unternehmen nicht verpflichtet, ihren Mitarbeitern freizugeben, denn Rosenmontag ist zwar mancherorts langjähriges Brauchtum, aber nicht etwa ein gesetzlicher Feiertag. Die Karnevalstage gelten damit als normale Arbeitstage. Wer hier frei haben möchte, muss Urlaub nehmen.“ Und bei der Gewährung von Urlaubstagen hat der Arbeitgeber bekanntlich ein Wort mitzureden. Die Alternative, einfach ohne Zustimmung des Chefs nicht zur Arbeit zur erscheinen oder „krankzufeiern“ birgt das Risiko, abgemahnt zu werden.
Manche Unternehmen geben ihren Mitarbeitern jedoch an Weiberfastnacht oder an Rosenmontag einen halben oder gar einen ganzen Tag frei. Bezahlt. Dies sei jedoch zunächst einmal eine freiwillige Leistung des Arbeitgebers, welche ganz in seinem Ermessen liege, so Görzel. Ein rechtlicher Anspruch folge daraus noch nicht. Es sei denn, das entsprechende Recht ist im Arbeitsvertrag, im Tarifvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung explizit geregelt. Das sei jedoch meist nicht der Fall.
Es gibt aber noch eine andere mögliche Rechtsgrundlage für einen entsprechenden bezahlten Freistellungsanspruch. Wenn nämlich dieses Freistellen im Laufe der Jahre durch sogenannte „betriebliche Übung“ zur Selbstverständlichkeit geworden ist. Arbeitsrechtler Görzel: „Ein Anspruch auf Freistellung am Rosenmontag aus den Grundsätzen der betrieblichen Übung kann bestehen, wenn das Unternehmen beispielsweise den Rosenmontag regelmäßig über Jahre hinweg frei gegeben hat und der Arbeitgeber dabei nie gegenüber seinen Beschäftigten klargestellt hat, dass er dies nur unter Vorbehalt tut. Ohne diese Klarstellung dürfen Arbeitnehmende dann im Zweifel annehmen, dass diese Leistung regelmäßig gewährt wird.“
Um Unklarheiten zu vermeiden, empfiehlt Görzel, dass schriftlich etwa in einer Betriebsvereinbarung festgehalten wird, was konkret gewollt ist. Etwa so: „In diesem Jahr haben wir uns dazu entschieden, den Betrieb am Rosenmontag zu schließen. Für das kommende Jahr behalten wir uns eine andere Entscheidung ausdrücklich vor.“
Doch wenn es eine solche betriebliche Übung gibt – was passiert, wenn es mal gar keinen Grund zum Feiern gibt: etwa weil Karneval wegen Pandemie, Kriegsgeschehen oder Sturm ausfällt. Wird dann auch die betriebliche Übung durchbrochen und muss sich der Arbeitgeber dann nicht mehr daran festhalten lassen? Görzel verweist hier auf eine Grundsatzentscheidung des Bundesarbeitsgerichts von 1991: „Auch dann, wenn der übliche Karnevalsumzug/ die eigentliche Tradition ausfällt, bleibt der Anspruch auf Freistellung aus betrieblicher Übung bestehen.“ Und wie ist es mit Karneval in den Behörden? Dazu Arbeitsrechtler Görzel: „Generell gelten die Grundsätze der betrieblichen Übung laut Bundesarbeitsgericht im öffentlichen Dienst nur eingeschränkt, was bedeutet, dass dort Beschäftigte nicht darauf vertrauen dürfen, dass ihr Arbeitgeber Ihnen Leistungen gewährt, zu denen er per Gesetz nicht verpflichtet ist.“