Krefeld Auf den Spuren der AfD
Die Alternative für Deutschland kriegt in Krefeld keinen Fuß auf den Boden. Ihre Ideen stoßen aber nicht nur auf Widerstand.
Krefeld. Ein Auto fährt die schmale Straße mit den gepflegten Vorgärten im hübschen Stadtteil Verberg entlang, stoppt und bleibt vor dem Carport mit dem gut sichtbaren Plakat stehen. „Das gibt es doch nicht, da müssen wir uns doch gegen wehren“, sagt einer der beiden Männer im Auto — dann düsen sie doch davon. Auf dem Banner stehen fein säuberlich und farblich voneinander abgetrennt Sätze wie: „Schluss mit der Meinungsdiktatur des Gutmenschentums“. Oder: „Schluss mit Rechtsbruch und Verrat deutscher Interessen“. Und über ihm flattert eine AfD-Fahne im Wind.
Parolen wie man sie in den vergangenen Wochen und Monaten von Rechtspopulisten eigentlich überall schon gehört hat. Oder bei Pegida. Rechts ist salonfähig dieser Tage. Nur in Krefeld ist es um die Alternative für Deutschland trotz der Wahlerfolge in anderen Bundesländern still geworden. Regelrecht von der Bildfläche verschwunden sind die AfD-Anhänger. Oder doch nicht?
Was den Krefeldern, wenn überhaupt, in Erinnerung geblieben sein könnte, sind interne Scharmützel rund um die Kommunalwahl — und Personalrochaden. Heute weiß niemand so genau, wer in Krefeld eine Alternative für Deutschland sein möchte. Der Redaktion liegt eine Liste vor mit den Krefelder Teilnehmern am AfD-Parteitag in Stuttgart, die durch ein Datenleck den Weg ins Netz gefunden hat. Darunter Dr. Berthold Vosbeck, praktizierender Zahnarzt in Fischeln, derzeit in Pfingstferien und nicht zu erreichen. Oder Guido Krebber, Polizeioberkommissar in Düsseldorf, ebenfalls nicht zu erreichen. Oder der Finanzberater Werner Tegethoff, der sehr wohl zu erreichen war. „Klar sind wir irgendwo rechts. Aber wir grenzen uns klar von den ganz Rechten ab. Natürlich fallen beim politischen Stammtisch auch mal heftigere Aussagen, aber das ist ja normal. Von Schießbefehlen an der Grenze distanziere ich mich.“ Schade sei, dass die WZ Vosbeck nicht erreichen konnte: „Ein Mann mit klarer Haltung“, sagt Tegethoff. Er selbst war mal Sprecher der AfD Krefeld, jetzt sollen das „lieber andere machen“. Man habe sich getrennt, „warum, ist ja egal“.
Und sonst? Da gibt es noch die Facebook-Seite der AfD, auf der irgendwer aktuell eine ellenlange Attacke gegen den Moscheeneubau an der Gladbacher Straße reitet. Wer? Nicht ersichtlich, wie vieles. Ersichtlich sind dafür immer wieder zitierte Quellen. Etwa die Junge Freiheit, eine überregionale deutsche Wochenzeitung, die von Politikwissenschaftlern dem Grenzbereich zwischen Konservatismus und Rechtsextremismus zugeordnet und als Sprachrohr der Neuen Rechten bezeichnet wird. Oder die Internet- und Blogzeitung FreieWelt.net, die der Alternative für Deutschland (AfD) nahe steht. Sie gehört zu einem Netzwerk von Organisationen, die von dem Ehepaar Sven von Storch und Beatrix von Storch gesteuert werden.
Die Spur der AfD in Krefeld führt also zurück zum Plakat in Verberg. Neben der kleinen AfD-Fahne weht eine große Deutschlandfahne. Jeder sieht sie, niemand spricht darüber. Zumindest nicht offiziell. „Das ist mir gar nicht aufgefallen, wir waren aber auch im Urlaub“, sagt eine Anwohnerin. „Jeder hat seine Meinung, der Nachbar hat halt eine andere“, erklärt eine andere. Und dass man andere Probleme hätte als den Nachbarn, berichtet ein anderer. „Zum Beispiel die Rumänen, die sich hier rumtreiben.“ Derbe Worte, anonym. „Ich will auch keinen Streit mit dem Mann, er kommt bei der Hunde-Runde mehrmals am Tag an meinem Haus vorbei“, sagt der gleiche Nachbar.
Der Banner-Besitzer selbst ist nicht so zurückhaltend. Ihm geht vor allem die Heuchelei der Nachbarn mächtig auf die Nerven. Fritz-Diederich Plette ist der Mann, der seit anderthalb Jahren die Plakate mit den wechselnden Sprüchen nebst AfD-Fahne raushängt. „Seitdem ich das Spruchband offen zur Schau stelle, hat mich lediglich eine Nachbarin darauf angesprochen. Es ging ihr aber mehr ums Ansehen unserer Straße als um eine politische Diskussion“, sagt er. Vielmehr hätte er das Gefühl, dass mit den Nachbarn sogar mehr Gespräche zustande kommen als früher. „Ich kenne zwei Hände voll Menschen aus meiner Nachbarschaft, die bei den Landtagswahlen die AfD wählen werden“, versichert Plette.