Corona Corona: Helfen die Kontaktdatenlisten eigentlich weiter?
Krefeld · Corona-Kontaktdatenliste liegen in Restaurants und Kneipen aus. Das Ganze ist ein mittlerweile eingeübtes Ritual. Doch längst nicht alle halten sich in Krefeld an die Regeln.
Läuft gut bei mir: Immer häufiger fragen mich Kellnerinnen nach meiner Adresse und Telefonnummer, ich soll sie ihnen aufschreiben – gewiss, auch mit einer derartigen Träumerei kann man sich dem Ausfüllen der Corona-Kontaktdatenliste beim Restaurant- oder Kneipenbesuch widmen. Das Ganze ist ein mittlerweile eingeübtes Ritual. Doch längst nicht alle halten sich an die Regeln.
Wie in dem kleinen Restaurant in der Krefelder Innenstadt. Da liegt zwar eine Liste auf einem der Tische, aber kein Gast trägt sich ein, der Wirt unterlässt auch jeden Hinweis darauf. Oder in einem weiteren, schon wesentlich größeren Restaurant, ebenfalls in der City: Dort kann man zwar sein Smartphone über einen QR-Code halten, um sich auf diese Weise digital zu registrieren. Doch Gäste, die das nicht machen, werden nicht von den Kellnern darauf aufmerksam gemacht.
Dabei ist der Wortlaut der Coronaschutzverordnung, wenn auch sprachlich gedrechselt, so doch eindeutig, siehe Infokasten. Aber wie wird eben das in der Praxis durchgesetzt, was nutzt das Ganze? Die WZ hat bei zwei (anderen als den ertappten) Gastronomen und bei der Krefelder Verwaltung nachgefragt.
Antonios Arabatzis von der Hausbrauerei Gleumes kann zwar verstehen, dass es für die Gäste lästig ist, das Formular auszufüllen, selbst wenn sie vielleicht nur mal schnell ein Bier trinken möchten. Doch er nimmt die Vorschriften ernst. „Wenn ein Gast hereinkommt, muss er den Zettel ausfüllen. Der wird dann abgeheftet und vier Wochen im Büro aufbewahrt. Danach werden die Zettel mit dem Aktenvernichter geschreddert.“ Weigere sich jemand, das Formular auszufüllen, dann müsse er halt wieder gehen. „Ich will nicht das Risiko eingehen, dass ich am Ende ein Bußgeld bezahle. Da verzichte ich lieber auf den Umsatz mit einzelnen Kunden“, sagt Arabatzis. Er weiß, dass manch ein Kunde Datenschutzbedenken hat. Auch habe es ja anderenorts schon den Fall gegeben, dass Kellner die Listen auswerteten und später weibliche Gäste anriefen. So etwas gebe es bei ihm nicht.
Er hat aber etwas anderes beobachtet. Da gebe es auch Gäste, die ganz pragmatisch mit dem Thema umgehen: „Die haben einen Stempel oder einen Aufkleber mit ihren Daten, den sie dann auf die Liste heften.“
Anne Furth, Inhaberin des Nordbahnhofs, schildert das Verfahren in ihrem Lokal: „Pro Schicht, also mittags und abends, sammeln wir die ausgefüllten Listen jeweils in einem Extra-Kuvert. Wenn es dann einen Fall geben sollte, in dem das Gesundheitsamt nachfragt, wer sich wann im Nordbahnhof aufgehalten hat, können wir schnell die Daten bereitstellen.“ Furth bewahrt die Zettel vier Wochen lang in Aktenschränken im Büro auf, danach werden sie geschreddert.
Aber hilft das Ganze eigentlich weiter? Weder Gleumes noch Nordbahnhof hatten bislang eine amtliche Nachfrage, die Daten zur Nachverfolgung von möglicherweise Corona-Infizierten zur Verfügung zu stellen. Christian Horn, Leiter des Kommunalen Ordnungsdienstes (KOD), sagt gegenüber der WZ, dass seine Mannschaft, meist nach entsprechenden Kundenbeschwerden, entsprechende Kontrollen vor Ort vornehme. Das seien in Krefeld ein bis zwei Kontrollen pro Tag in Gastronomiebetrieben. Nicht nur wegen der Kontaktdatenlisten, sondern auch wegen anderer möglicher Verstöße gegen die Coronaschutzverordnung. Erst ein einziges Mal, Ende Juli, sei ein Bußgeldverfahren eingeleitet worden, weil vorsätzlich keine Kontaktdatenliste geführt worden sei. Dem Wirt drohen 500 bis 1000 Euro Bußgeld.
Wenn der KOD die Kontaktdatenliste überprüfe, könne es auch sein, dass gegen jemanden, der absichtlich mit einem Phantasienamen unterzeichnet hat, ein Bußgeld verhängt wird. In Krefeld sei das freilich noch nicht vorgekommen. Zwar könne ein Gastronom in einem solchen Fall nicht verlangen, dass ihm der Gast seinen Personalausweis zeigt. Allerdings sei der Wirt dann durchaus verpflichtet, von seinem Hausrecht Gebrauch zu machen und den Gast abzuweisen.
Der KOD, der in Krefeld mit acht Doppelstreifen unterwegs ist, leiste in solchen Fällen aber vor allem immer wieder Aufklärungsarbeit, mache auf den Sinn der Regel aufmerksam – nämlich gegebenenfalls über eine mögliche Ansteckung informiert zu werden. Anfänglich gemachte Fehler, dass in einem Lokal lange Listen auslagen, in die sich jeder eintrug und damit den später eintreffenden Gästen seine Daten „verriet“, seien inzwischen meist abgestellt. Die Gäste registrierten sich auf individuellen Formularen.
Aber nutzt all’ das eigentlich wirklich bei der Kontaktnachverfolgung? Jedenfalls in Krefeld ist die Wirkung bislang begrenzt. Nach Auskunft der Stadt hat das Gesundheitsamt bisher nur in einem Fall einer infizierten Person die Gästelisten von zwei Gastronomiebetrieben angefordert. Die Kontaktpersonen, also andere Gäste, seien entsprechend informiert worden.
Kommentar Seite 18