Krefeld Covestro: Forscher wollen Abwasser umweltverträglich machen

Covestro in Krefeld bereitet Salz und Abwasser für die Chlorgewinnung auf. Wie das geht, weiß Projektkoordinatorin Yuliya Schiesser.

Krefeld. „Wir suchen zusammen mit Partnern aus Wirtschaft und Wissenschaft nach neuen Wegen, um Salz und Wasser aus Industrieabwasser möglichst umweltverträglich zurückzugewinnen“, sagt Yuliya Schiesser aus der Prozessforschung von Covestro (vormals Bayer Material Science).

Damit befasst sich ein Forschungsprojekt, bei dem das aufbereitete Salz und das gereinigte Abwasser in Elektrolyseverfahren zur Chlorgewinnung genutzt werden sollen. „Chlor ist ein wichtiger Rohstoff für die Kunststoffproduktion“, erklärt Schiesser und verweist darauf, dass Hightechpolymere, wie sie im Uerdinger Chemiepark hergestellt werden, unersetzlich für zahllose Anwendungen sind.

Sie sind Bestandteile von Autos, Mobilgeräten, Brillen, medizinischen Erzeugnissen und vielen anderen Alltagsprodukten. Für die Kunststoffproduktion muss Chlor kontinuierlich erzeugt werden. „Das gilt für unsere eigenen Betriebe ebenso wie für andere Firmen im Chemiepark“, erläutert Schiesser. „Unser Ziel ist die Erforschung und Erprobung eines Verfahrens, das das anfallende Industrieabwasser umweltgerecht und wirtschaftlich aufbereitet“, fügt die Expertin hinzu.

Der Grund sei, dass in vielen industriellen Prozessen große Mengen Abwasser mit hoher Salzkonzentration anfallen — auch im Chemiepark. Gelangen sie unbehandelt in Flüsse und Seen, die für die Trinkwasseraufbereitung genutzt werden, belasten sie die Umwelt. Bisher wird das Industriewasser in Uerdingen gereinigt und in den Rhein geleitet.

Yuliya Schiesser, Projektkoordinatorin in der Prozessforschung von Covestro

„Bereits seit Anfang 2016 setzen wir in einer Pilotanlage in Uerdingen ein selbstentwickeltes Recycling-Verfahren ein, mit dessen Hilfe im letzten Jahr bereits 30 Tonnen Salz zurückgewonnen werden konnten. In dieser Anlage werden 70 Kubikmeter Abwasser pro Stunde recycelt, im Jahr fallen insgesamt 400 000 Kubikmeter an“, rechnet Schiesser vor. Zur Erprobung einer neuen Technologie plant Covestro jetzt zusätzlich eine Demonstrationsanlage am Standort Uerdingen. An dem mit Fördermitteln unterstützten Projekt namens Re-Salt beteiligen sich mehrere Unternehmen und wissenschaftliche Institute (siehe Kasten).

„Je höher die Natriumchlorid-Konzentration im Prozesswasser, desto wirtschaftlicher wird das Verfahren“, sagt die Projektkoordinatorin und verspricht sich davon Kostenvorteile. Anstatt Wasser mit teurer Energie in großen Mengen einzudampfen, arbeite man nun an einer innovativen Technik, mit der sich die Salzkonzentration schonend erhöhen lasse. Ziel sei es, mit geringen Investitionen auszukommen und nebenbei umweltschädigendes Kohlendioxid zu vermeiden.

Die gute Aussicht: Die Hälfte der nötigen Natriumchlorid-Menge könne künftig aus dem Recyclingprozess kommen. „Vom Optimum sind wir aber noch weit entfernt“, stellt die Projektleiterin fest. Zunächst erwarte man von der Demonstrationsanlage neue Erkenntnisse, etwa zur Problemlösung verunreinigter Membranen. Die Anlage soll vom Uerdinger Personal bedient werden. Es ist geplant, die Versuchsergebnisse zu einem späteren Zeitpunkt zu publizieren.

Wie energieintensiv die Chlorproduktion ist, belegt der Stromverbrauch: Drei Prozent des deutschen Strombedarfs entfallen laut Covestro allein auf die deutsche Chlorproduktion. Falls flächendeckend neue Prozesstechnik angewendet würde, könnte der Bedarf um etwa ein Prozent reduziert werden, was in etwa dem Stromverbrauch einer Stadt wie Köln entspräche.