Serien-Auftakt Im Einsatz für eine sozialgerechtere Stadt

Krefeld · Serie Kommunisten, Kirchen und Gewerkschaften haben sich im Sozialbündnis Krefeld zusammengetan. Über Ungleichheit reden sei für viele Politiker kein Problem, heißt es. Wenn es konkret wird, hakt es aber, erzählt Bündnis-Sprecher Ulrich Knur.

„Ich habe Hunger“ steht auf dem Schild eines Mannes. Mit dieser Aussage erhofft er sich von einigen Passanten Geld, um sich etwas zum Essen kaufen zu können.

Foto: Paul Zinken

Wer einmal mit der Straßenbahn 42 von der ersten bis zur letzten Station gefahren ist, ahnt: Vermögen und Einkommen sind in Krefeld eher ungleich verteilt. Einerseits sind da die Menschen, die vor den teils heruntergekommenen Häusern an der Gladbacher Straße stehen. Andererseits der Stadtteil Bockum, wo es den meisten Einwohnern fraglos etwas besser geht. Um solche gesellschaftlichen Verwerfungen kümmert sich das Sozialbündnis Krefeld seit dem Jahr 2010. Es ist eine der Initiativen, die das politische Leben in der Stadt auch außerhalb von Parteien und Stadtrat prägen.

Die Gründung des Bündnisses erfolgte unter anderem aus Unzufriedenheit über die Hartz-Gesetze, erklärt Ulrich Knur, der einer der Sprecher ist. Auf den ersten Blick seien die Bündnispartner wohl etwas gegensätzlich, meint der 69-Jährige. Schließlich sind Linke und Grüne genau wie Kommunisten, Gewerkschaften und Kirchen vertreten. 20 Gruppen haben sich zusammengetan. „Aber wir wollen uns nicht auf Unterschiede, sondern auf unsere Gemeinsamkeiten konzentrieren“, sagt Knur. Damit meint er den Wunsch nach mehr sozialer Gerechtigkeit.

Die Gruppe kämpft für die Armen von Krefeld und kümmert sich um Themen wie Kinderarmut, Lohndumping, Altersarmut, Zwei-Klassen-Medizin und Diskrminierung von Migranten. „In der Stadt erreichen wir durchaus etwas“, findet Knur. Er nennt unter anderem die „Chronik der Skandale“, die in Krefeld viel Aufmerksamkeit erreicht habe.

Hierbei handelt es sich um eine Übersicht der Fälle, in der die Stadt laut Sozialbündnis unnötig viel Geld ausgegeben haben soll. Neben einigen Veröffentlichungen  richtet das Bündnis auch regelmäßig Foren und Vorträge aus, um mit den Bürgern in Kontakt zu kommen. Darunter auch Diskussionsabende zum Thema soziale Gerechtigkeit, zu denen auch Vertreter der Stadt Krefeld eingeladen sind, um Rede und Antwort zu stehen. „Über soziale Gerechtigkeit reden mit uns alle“, sagt Knur. Bei konkreten Vorhaben werde es aber schwieriger, findet er.

Aktuell wünschen sich seine Leute, dass die Stadt Krefeld Familien besser unterstützt, Sozialhilfen für Schüler zu beantragen. Viele Eltern wüssten nicht, dass es spezielle Fördermittel gebe oder könnten diese nicht beantragen. Das Verfahren sei ihnen zu kompliziert, sie verstehen es nicht. Da könnte die Verwaltung den Menschen zum Beispiel mehr helfen. So wie das Krefelder Jobcenter, das neue Hilfen für Langzeitarbeitslose anbiete, erzählt Knur. Allerdings müssten nun Unternehmen gefunden werden, die die Menschen nach der staatlich subventionierten Übergangsphase auch dauerhaft übernehmen. „Wie das gehen kann, besprechen wir aktuell mit der Stadt“, sagt Knur.

Der bundesweite Trend
ist eher frustrierend

Dass sich auf lokaler Ebene immer wieder etwas bewegen lässt, freut Knur und seine Mitstreiter. Bundesweit betrachtet sei es um die soziale Gerechtigkeit eher frustrierend bestellt. Es tue sich wenig. Aktuell sei er aber froh, dass sich die SPD von ihren Hartz-Reformen abwende. „Aber uns ist natürlich klar, dass wir so etwas als Gruppe in einer Stadt nicht erreichen können“, sagt er. Zumindest suche man das Gespräch mit den Ortsvereinen der Parteien, um eigene Vorstellungen einzubringen.

Dem Sozialbündnis geht es aber nicht nur darum, bei Mandatsträgern für soziale Anliegen zu werben. Die Vereinigung möchte auch über Positionen informieren. „Vor der Oberbürgermeisterwahl haben wir den Kandidaten Fragen zur sozialen Gerechtigkeit gestellt“, sagt Knur. Die Antworten veröffentlichten sein Team und er in einer Broschüre. Als nächstes möchten sie etwas gegen Stromsperren für Haushalte, die die Rechnung nicht gezahlt haben, tun. „Wenn der Strom abgedreht wird, kann man in einer Wohnung kaum mehr leben“, sagt Knur. Seine Mitstreiter möchten daher mit den Stadtwerken reden. „Viele, die finanziell schlecht da stehen, sind im teuersten Tarif“, sagt Knur. Einige wüssten das gar nicht. In diesen Fällen könnten die Stadtwerke aktiv werden und aufklären, um die Kosten zumindest etwas zu senken.

Knur weiß, dass Geduld und Beharrlichkeit gefragt sind. Etwas für die Mittellosen zu erreichen dauert. Dadurch, dass im Sozialbündnis viele Organisationen gemeinsam agieren, ist ihre Lobby in Krefeld zumindest etwas stärker.