Stadtgeschichte Die Geschichte der Fabrik Heeder
Krefeld · Zum 30-jährigen Bestehen des städtischen Kulturzentrums erscheinen jetzt zwei Publikationen zur Historie.
Es war ein Tapetenwechsel, wie er schöner nicht sein kann: 1989 erwachte die ehemalige Tapetenfabrik Heeder an der Virchowstraße aus dem Dornröschenschlaf. Dort wurde nach jahrelanger Sanierung das neue städtische Kulturzentrum eröffnet, das mit seinen Festivals heute weit über Krefelds Grenzen bekannt ist. Das ist dreißig Jahre her. Das kompakte Backsteinhaus hatte als Industriebrache lange Zeit leer gestanden.
Seine Geschichte geht jedoch zurück auf das Jahr 1845, als dort die August Alterhoff Wachstuch- und Tapetenfabrik firmierte. Die Heedersche Geschäftseröffnung erfolgte 1860. Es sind spannende Jahre, die recherchiert und aufgezeichnet jetzt in zwei Büchern – einem Textband und einem farbigen Bildband – erschienen sind.
Beide sind überschrieben mit „Heeder u. Co.“, ganz so wie der Schriftzug, der noch heute an der Fassade zu lesen ist. „Zur Geschichte eines Krefelder Fabrikgebäudes und seiner Umgebung“ heißen die beiden Bände im Untertitel. Sie umfassen insgesamt rund 350 Seiten.
„Der Auslöser für die Werke waren Stadtrundfahren für die NS-Dokumentationsstelle Mitte der 1990er Jahre“, berichtet Autor Burkhard Ostrowski. „Als wir die Zeit thematisch aufbereitet haben, fanden wir auch zwei Texte über dieses Haus und seine abwechslungsreiche und vielfältige Geschichte.“ In das „wir“ bezieht er Reinhard Schippkus mit ein, der viel recherchiert hat.
Es sei die bis heute wohl einzige niedergeschriebene Firmengeschichte, die nicht von dem Unternehmen selbst verfasst wurde, erklärt er. Die beiden Historiker fanden schon damals, daraus könne man etwas machen. Das dauerte letztendlich bis heute, dem Jahr des 30. Jahrestages der Wiedereröffnung, bis die beiden Bücher erscheinen konnten. „Zwischenzeitlich haben wir erste Teile im Krefelder Jahrbuch ,Heimat` veröffentlicht.“
„Es hat viel Teamarbeit gekostet“, ergänzt Gestalter Martin R. Becker. Unter anderem haben sie im Deutschen Tapetenmuseum in Kassel und im Militärarchiv in Freiburg geforscht. Mitglieder der Geschichtswerkstatt, die in diesem Jahr ebenfalls drei Jahrzehnte zählt, haben Texte gegen gelesen. „Wir waren Feuer und Flamme für diese historische Abhandlung und haben einen neuen Blick auf die Heimat erlangt“, sagt dazu Vorsitzender Ralf Winters.
Interessante Fakten seien zusammen gekommen, erläutert Ostrowski: „So haben wir in der Nähe der Fabrik beispielsweise die Stellmacherei eines Herrn Karmann gefunden. Der Sohn gründete die Autofirma in Osnabrück, deren wohl bekanntestes Erzeugnis der Wagen namens Karmann-Ghia war.“
Es sind noch viele Geschichten in den Büchern über das Gebäude nachzulesen. 1860 lassen sich Franz August Heeder und Wilhelm Niemann in Krefeld nieder. Um 1900 arbeiten in dem Gebäude bereits 100 Menschen. 1939 erwirbt es Fritz Peters und richtet dort eine Wellpappen- und Kartonage-Fabrik ein. Im Zweiten Weltkrieg wird sie als Bekleidungsdepot für die Wehrmacht genutzt. Von 1959 bis 1967 unterhält die Bundeswehr dort ein Ersatzteildepot. 1979 kauft die Stadt das Objekt. Es folgt eine jahrelange Diskussion über Abriss oder Nutzung.
1989 zog mit der offiziellen Nutzung durch das Kulturamt wieder Leben ein, damals noch in Heeder I. An der Entscheidung der Stadt Krefeld, dieses Gebäude zu erhalten und neu zu nutzen, war auch das nordrhein-westfälische Landesministerium für Stadtentwicklung beteiligt.
Grund für die Förderung war der Bezug zu kulturpolitischen und stadtentwicklungspolitischen Zielen des Landes in den 1980er Jahren. 2010 erfolgten die Sanierungsarbeiten zu Heeder II. Heute ist die Fabrik Heeder ein wunderbares Kulturzentrum.
Spaß macht auch das Blättern im Bildband, beispielsweise der Blick in eine deutsche Tapetenfabrik um 1850. Es gibt Anzeigen mit Nouveautés, Neuigkeiten über Teppiche in Velours. Das Privathaus der Familie Heeder am Albrechtplatz ist abgebildet, das Firmenzeichen von Wellpappenpeters und vieles mehr.
Die Bücher sind nur über amazon.de erhältlich. Der Textband kostet 10 Euro, der aufwändigere Bildband 15 Euro.