Die Mittagsglosse: Der Ess-Kulturbetrieb
Krefeld. Das Auge isst mit. Das wird gerne gesagt, weil wir ästhetisch drapierte Physalis auf dem Tellerrand lieben. Obwohl es uns beim Speisen auch sehr wichtig ist, dass wir angenehm sitzen, ist der Satz „Der Hintern isst mit“ weniger verbreitet.
Eigentlich wollen wir ja auch nur sagen: Zu einer angenehmen Mittagspause gehört mehr als nur gutes Essen.
Die Krefelder Gastronomen haben ganz unterschiedliche Strategien, wie sie selbst dem diabetischen Gast die Pause versüßen. Wenn der Salat „Florida“ noch keine Urlaubsgefühle ausgelöst hat, hilft eben der CD-Player nach. In anderen Lokalitäten wird der Geist beim Genuss von Rindergulasch durch semiprofessionelle Wandkunst angeregt. Oft sind das jedoch Perlen vor die (gegrillten) Säue. Während es nämlich in exklusiven Ausstellungen die Besucher fasziniert, wenn sich ein Bild jeder Deutung entzieht, ist dieser Effekt im Restaurant weniger erwünscht. Im Steakhaus erwartet der Gast das Motiv „fröhliches Rind“, beim Griechen gehört die Akropolis an die Wand. Alles andere irritiert den Magen.
Auch eine Art Kunstform ist die Übergabe des Bestecks. In Lokal A liegen Messer und Gabel bereits auf dem Tisch und sind wie Findelkinder in Servietten eingewickelt, in Lokal B lässt der Garçon das komplette Tafelsilber einfach aus 20 Zentimeter Höhe fallen - ähnlich wie der Vorarbeiter vom Gartenamt Schaufeln und Harken vor seiner Mannschaft ausbreiten. Dafür schmeckt’s dort aber. Das mitessende Auge lässt sich eben auch mal zudrücken.