Digitale Welt statt staubiger Regale

Die Mediothek arbeitet an ihrem Image – mit Erfolg. In Sachen Internet und Facebook ist sie bundesweit führend. Ein Modell für andere Kulturinstitute?

Krefeld. Die ersten zehn Freunde waren seine eigenen. Doch was danach mit dem Facebook-Auftritt der Mediothek geschah, kann Martin Kramer bis heute kaum glauben. Binnen eines halben Jahres hat die Krefelder Bibliothek im sozialen Netzwerk 700 Fans gewonnen. "In unserer Branche sind wir damit deutschlandweit führend - mit Abstand", sagt der 31-Jährige, der das Angebot aufgebaut hat und betreut. Er bekommt inzwischen fast täglich Anfragen von Kollegen aus der ganzen Republik, die mehr über die Krefelder Erfolgsgeschichte erfahren möchten.

Dass Bibliotheken sich Gedanken über ihr Image machen, ist nichts Neues. Zu tief sitzen die Klischees über staubige Regale, knarzige Karteikästen und übellaunige Dutt-Trägerinnen mit Brille hinter der Verleihtheke. Und die technische Entwicklung erhöht den Druck. "Noch sind elektronische Bücher weit davon entfernt, uns zu überrennen", sagt Mediothek-Chef Helmut Schroers. "Aber es wird langsam ernst. Für uns ist es pure Überlebenstaktik, in technischer Hinsicht am Ball zu bleiben."

Neben der erfolgreichen Digithek, einer Ausleihe für digitale Medien, ist im Februar die Facebook-Seite online gegangen. "Es ging uns darum, eine andere Zielgruppe zu erreichen und an unserem Image zu arbeiten", sagt Helmut Schroers, der auf Facebook auch schon mal im karnevalistischen Vampir-Kostüm oder ganz in Leder mit seinem Motorrad zu sehen ist. "Wir zeigen damit: Hier arbeiten echte Menschen."

Für genau diese Botschaft ist Facebook ideal. Der Stil im Netzwerk ist lässig, die Kontakte sind unverbindlich, man duzt sich. In dieser Welt bewegt sich Martin Kramer mit großer Selbstverständlichkeit, trifft genau den richtigen Ton und sorgt für eine unterhaltsame Mischung aus Kalauern und Informationen, Texten, Bildern und Videos.

Kaum ein Eintrag, den er auf die Seite stellt - und sei er inhaltlich noch so banal -, bleibt unkommentiert. So entsteht ein reger, dauerhafter Austausch mit den Nutzern, mal witzig, mal nützlich, und das jenseits bürokratischer Vorschriften oder festgelegter Öffnungszeiten. Ein Kunde, der um 22 Uhr bei Facebook eine Frage zur Verlängerung seiner Bücher stellte, erhielt von Kramer umgehend Antwort. Und kam aus dem Staunen kaum heraus, wie flexibel und modern ein städtisches Institut agieren kann.

Umgekehrt erhält die Mediothek wertvolle Hinweise von den Nutzern. "Die Leute teilen uns mit, dass eine Lampe im Atrium kaputt ist oder wo Lücken in unserem Bestand sind", erzählt Kramer. Wer möchte, kann per Facebook auch seine Teilnahme an einer Veranstaltung zusagen - Karten werden zurückgelegt.

Spätestens hier könnten auch andere Kulturinstitute hellhörig werden. "Auf das Theater zum Beispiel müsste das Modell eins zu eins übertragbar sein", regt Schroers an. "Da gäbe es für eine Facebook-Seite doch Stoff ohne Ende." Und Freunde kann die Kultur in diesen Zeiten schließlich nie genug haben.

Die Facebook-Seite der Mediothek ist auch für Nutzer erreichbar, die nicht selbst Mitglied in dem sozialen Netzwerk sind.