Ein Engel sucht das Abenteuer

Porträt: Harald Trenner will mit seinen beiden Halbwölfen 3600 Kilometer weit vom Nordkap nach Deutschland marschieren.

Krefeld. Yukon ist ungeduldig. Neugierig blickt der schwarze Halbwolf hinauf zu Harald Trenner, stellt sich kurz auf die Hinterläufe, zerrt dann an der straffen Leine und bellt einmal, als wolle er sein Herrchen fragen: "Worauf warten wir noch?" Die Wintersonne steht tief über den gefrorenen Feldern des Oppumer Bruchs, die Luft ist klar und kalt - ein perfekter Tag für einen ausgiebigen Spaziergang. Und: Yukon mag nichtmal ein Jahr alt sein, doch seit Harald Trenner ihm und seiner Gefährtin Nanuk (4) heute Morgen die grünen Hunderucksäcke angezogen hat, weiß er ganz genau, dass es auf Wanderung geht. Jetzt fehlt nur noch der Fotograf. Dann geht’s endlich los - und der Verständnislose Ausdruck in Yukons Augen ist wie weggewischt.

In letzter Zeit haben die beiden jungen Halbwölfe immer häufiger Grund zur Freude. Denn Harald Trenner, Yukon und Nanuk stecken mitten im Training - für einen 3600 Kilometer langen Marsch vom Nordkap nach Deutschland. Von Juli an will der zertifizierte Wildnisführer und Überlebenskünstler vier Monate lang fernab der Zivilisation durch Skandinavien wandern. "Das war schon immer ein Lebenstraum von mir", sagt der 48-Jährige.

Der sympathische Abenteurer nennt sich selber gerne "Survival-Angel" - Überlebensengel. Und wer Trenner eine Weile zuhört, kommt zu dem Schluss: Es ist vermutlich ebenso wenig übertrieben wie seine Behauptung, mehr Leben als eine Katze zur Verfügung zu haben. Was der gebürtige Leipziger er- und überlebt hat, würde wohl genügend Stoff für fünf Romane bieten. Zumindest ist es so viel, dass er in der Eile jede Geschichte nur kurz anreißen kann.

Auf dem Weg zu seinem Übungsstück im Wald, wo Trenner Kindern und Erwachsenen in einwöchigen Kursen das Überleben in der Wildnis lehrt, erzählt er im Stakkato von seinen sechs Jahren als politischer Häftling in der DDR oder von einem Zugunglück in den Alpen, bei dem er sich aus einem brennenden Waggon rettete. Beiläufig erwähnt er den schweren Autounfall, den Lungenschuss und die diversen Messerattacken, die er in seinem zweiten Leben als Personenschützer von Prominenten wie Tina Turner, Peter Maffay oder Heino überlebt hat. Eine Pilzvergiftung und ein bösartiger Kiefertumor haben ihn ebenfalls nicht kleingekriegt. An dem kleinen Wäldchen angekommen zeigt er dann auf eine große Pappel und sagt: "Da bin ich auch schon runtergestürzt - zwölf Meter tief."

Womöglich hat also tatsächlich ein Engel dafür gesorgt, dass Harald Trenner heute putzmunter dasteht in seiner verblassten rot-schwarzen Trecking-Jacke, mit schweren Stiefeln an den Füßen, schwarzen Gamaschen an den Beinen und einem schwarzen Piratentuch auf dem Kopf, und mit blau-blitzenden Augen davon erzählt, wie er sein gesammeltes Wissen an seine Kunden weitergibt. Er wolle ein bisschen von dem Glück zurückgeben, das er selbst erfahren hat, erzählt er. Deshalb hat er es sich zur Aufgabe gemacht, den Lebensretter für andere Menschen zu spielen - sei es, indem er ihnen den Weg aus der Drogenabhängigkeit zeigt, oder ihnen in Seminaren Überlebenstipps für Wildnis und Großstadtdschungel gibt. Derzeit schreibt er außerdem an seinem ersten Buch: "Psychologie des Survival."

Das Geld, das er dabei verdient, investiert er "nur für bewusstes Reisen" - stets auf der Suche nach neuen Extremsituationen, um den eigenen Erfahrungsschatz zu erweitern. Wenn er sich ab Mitte Juli vier Monate lang täglich 30 bis 40 Kilometer querfeldein durch Wald und Tundra schlägt, wird es sicherlich wieder das ein oder andere Mal hart auf hart kommen. "Ein bisschen Nervenkitzel ist schon dabei", räumt Trenner deshalb ein. Doch er wolle der Jugend zeigen, wozu ein Mensch in der Lage ist. Sein Motto: "Je extremer die Situation, desto eher gebe ich Vollgas."

Survivaltrainings und Anti-Drogen-Kurse für Kinder und Erwachsene können direkt bei Harald Trenner gebucht werden.

Kontakt und weitere Infos unter Ruf 0179/811 77 57 oder online: