„Es muss mehr in die Ausbildung investiert werden“
Nach knapp zehn Jahren als Leiter der Arbeitsagentur Krefeld geht Peter Ewert in den Ruhestand und analysiert den Arbeitsmarkt.
Herr Ewert, am Dienstag, 29. März, werden Sie in den Ruhestand verabschiedet. Wie lange waren Sie Leiter der Krefelder Arbeitsagentur?
Peter Ewert: Seit neuneinhalb Jahren bin ich Leiter der Agentur Krefeld — einerseits eine lange Zeit, die aber andererseits recht schnell verging. Dafür hat die ständige Abwechslung gesorgt.
Werden Sie ein „Unruheständler?“
Ewert: Mit Sicherheit nicht. So wie im Berufsleben ist auch im Ruhestand entscheidend, wie man sich die Zeit einteilt, und vor allen Dingen, was man damit anfängt. Ich werde mich endlich mit Dingen beschäftigen können, die in den letzten Jahren zu kurz kamen, vor allem mit Lesen und einer aktiveren Mitwirkung in zwei Literaturgesellschaften, in denen ich seit vielen Jahren Mitglied bin. Und wir werden uns einen Hund anschaffen und oft an der Ostsee sein.
Was sagen Sie zur Entwicklung des Krefelder Arbeitsmarktes in den zurückliegenden Jahren? Wie fällt der Vergleich landesweit aus?
Ewert: Der Krefelder Arbeitsmarkt hat sich in den letzten Jahren im Vergleich zum Land unterdurchschnittlich entwickelt. Die Arbeitslosenquote lag stets über dem Landesniveau und die Erholung in der jüngsten Vergangenheit fiel eher verhalten aus. Gravierender ist aber der Arbeitsplatzverlust. Seit 2001 hat Krefeld gut 8000 sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze verloren — von 89 000 Beschäftigten in 2001 sank diese Zahl auf 80 800 in 2010.
Während in anderen Regionen, die ebenfalls Arbeitsplätze verloren haben, der Trend wieder nach oben geht, ist dies in Krefeld noch nicht der Fall. Und noch etwas fällt auf: In Krefeld wird das vorhandene Arbeitskräftepotenzial zu wenig ausgeschöpft. Ausgesprochen niedrig ist seit Jahren die Beschäftigungsquote der Frauen. Auch die Erwerbsbeteiligung der Älteren muss gesteigert werden. Es liegt also viel Know-how brach, das es mit Blick auf die demografische Entwicklung zu mobilisieren gilt.
Welche Gruppen sind zurzeit am stärksten von Arbeitslosigkeit betroffen?
Ewert: Auf dem Arbeitsmarkt ist stets viel Bewegung, aber manches ändert sich nicht, nämlich die Personengruppen mit besonderen Problemen bei der Suche nach einem Arbeitsplatz. Das gilt für über 50-Jährige, für Langzeitarbeitslose, für Schwerbehinderte und in gewisser Weise auch für Ausländer. Zwar haben sich durch die wirtschaftliche Belebung auch für diese Arbeitssuchenden neue Chancen aufgetan, dennoch liegt ihre Arbeitslosigkeit über Vorjahresniveau.
Es ist allerdings davon auszugehen, dass die bereits laufende demografische Veränderung und der steigende Fachkräftebedarf hier zu einer Richtungsänderung führen werden. Für eine Gruppe wird dies jedoch nur sehr eingeschränkt gelten, für Menschen ohne Berufsausbildung. Deren Beschäftigungschancen werden immer geringer.
Was sagen Sie zur Lage auf dem Ausbildungsmarkt?
Ewert: Während sich der Arbeitsmarkt nach der weltweiten Wirtschaftskrise bereits wieder erholt, hinkt der Ausbildungsmarkt in Krefeld immer noch hinterher. Es wird zwar viel getan, um Ausbildungen zu ermöglichen, aber es reicht nicht aus. Seit etlichen Jahren ist das Angebot an Ausbildungsplätzen rückläufig, das ist sehr bedauerlich.
In 2005 wurden in Krefeld rund 2500 Ausbildungsstellen angeboten, 2010 nur noch rund 1700. Gleichzeitig wächst die Zahl der Bewerber, die sich bei der Berufsberatung melden — und das, obwohl die Schulabgängerzahlen bereits abnehmen. Die jungen Leute sind also sehr an einer Berufsausbildung interessiert.
Wir dürfen sie nicht enttäuschen, wir müssen sie auf dem Weg ins Berufsleben unterstützen. Auf der anderen Seite brauchen die Betriebe qualifizierten Nachwuchs. Beiden Seiten hilft nur eines: Es muss mehr in die Ausbildung investiert werden.
Werden Sie beim „Tag der Ausbildung“ im März noch persönlich um Lehrstellen werben?
Ewert: Nein, denn ich werde mich bereits vorher verabschieden. Ich habe den „Tag des Ausbildungsplatzes“ aber mit vorbereitet. Die gemeinsame Pressekonferenz mit dem türkischen Generalkonsul hat zu diesen Vorbereitungen gehört. Ein Schwerpunkt wird nämlich die Ausbildung von türkischen Jugendlichen und generell von Jugendlichen mit Migrationshintergrund sein.
Hier konnten bereits beachtliche Fortschritte erzielt werden, aber wir sind noch lange nicht am Ziel. Das gilt übrigens auch für Unternehmen mit türkischen Inhabern. Hier ist die Bereitschaft auszubilden noch sehr entwicklungsfähig.
Wie hat Ihnen als Privatmann Krefeld gefallen?
Ewert: Auch wenn ich nicht in Krefeld wohne, habe ich die Stadt recht gut kennengelernt. Als Einkaufsstadt hebt sich Krefeld positiv von der Umgebung ab. Es gibt hier einen recht breit aufgestellten Einzelhandel mit einem sehr guten Angebot. Partiell haben sich aber etliche Billigläden niedergelassen. Hier muss Krefeld aufpassen, dass diese Entwicklung nicht überhandnimmt. Das kulturelle Angebot ist für eine Stadt dieser Größe außergewöhnlich. Daraus sollte Krefeld mehr Kapital schlagen und stärker als bisher Auswärtige anziehen.
Was wünschen Sie Krefeld?
Ewert: Ich wünsche Krefeld einen anhaltenden Aufschwung und eine gesunde Wirtschaft. Dann geht es auch dem Arbeitsmarkt und damit den Einwohnern gut.