Arbeitsgericht Fristlose Kündigung: Fressnapf kauft sich frei

Der Tierfutterriese zahlt Abfindungen an fünf fristlos gekündigte Mitarbeiter. Bedingung: Schweigepflicht. Verdi will alle ihr zur Verfügung stehenden Mittel ausschöpfen.

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Krefeld. Der Tierfutterriese Fessnapf hat mit allen fünf fristlos gekündigten Mitarbeitern, mit denen er vorm Arbeitsgericht lag, Einigungen erzielt. Das Paket: Das Unternehmen zahlt eine Abfindung, stellt ein vernünftiges Zeugnis aus.

Die Firmenzentrale von Fressnapf (Archivbild).

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Dafür dürfen die ehemals Beschäftigten nicht mehr behaupten, wegen der Vorbereitungen auf die Gründung eines Betriebsrats gekündigt worden zu sein. Anwälte haben die Faust in der Tasche, die Gewerkschaften nicht. Verdi will Strafanzeige stellen und sammelt täglich Material, sucht nach Kronzeugen.

Die Abgefundenen schweigen, versehen mit juristischem Maulkorb und eingeschüchtert. Verdi-Generalsekretär Dominik Kofent ist richtig sauer auf den Tierfutterriesen: „Fressnapf hat sich nach allen Regeln der Kunst freigekauft, das wollen wir nicht zulassen. Wir kennen die Geschichten und Abläufe und telefonieren uns die Finger wund, um jetzt an belastbare Aussagen zu kommen.“ Es ist ja nicht so, als hätten die Betroffenen ihre Geschichten nicht schon mehrfach erzählt. Ihren Anwälten, dem Deutschen Gewerkschaftsbund, dessen neuer Landesgeschäftsführer Ralf Köpke den Skandal öffentlich gemacht hatte, und dem Arbeitslosenzentrum in Krefeld, wo einige der Gefeuerten Rat gesucht hatten. Dominik Kofent sagt: „Was wir mit Fressnapf erleben müssen, ist schon ein sehr extremer Fall. Wir werden alle uns zur Verfügung stehenden Mittel ausschöpfen, um zu klagen, sind da täglich im Kontakt und graben aus, was wir können.“

Die WZ hatte recherchiert, dass sieben Mitarbeiter am 23. März eine fristlose Kündigung im Briefkasten hatten, nachdem es wenige Tage zuvor eine Versammlung von 17 Fressnapf-Kollegen in einem auswärtigen Ladenlokal gegeben hatte. Grund der Zusammenkunft, die von eben jenen fünf Abgefundenen organisiert worden war: die Gründung eines Betriebsrats und der Eintritt in die Gewerkschaft.

Für Fressnapf ist es nicht die erste Schlagzeile dieser Art. 2011 berichtete die WZ über die Herren Corak und Sona, die ebenfalls ohne Angabe von Gründen gefeuert worden waren. Sona bekam seinerzeit im elften derartigen Arbeitsgerichtsprozess innerhalb eines Jahres eine Abfindung zugesprochen.

Damals lautete der Vorwurf der Arbeitnehmer und Anwälte, Fressnapf habe die Bemühungen sanktioniert, einen Betriebsrat zu gründen. Heute auch.

Für Köpke, gleichzeitig DGB-Vorsitzender in Krefeld, eine Straftat, die Stand heute „leider nicht mehr beweisbar ist“, solange alle Beteiligten zum Schweigen verpflichtet sind. „Geld sticht Recht“, sagt er. „Wenn sich eine Gruppe von Beschäftigten außerhalb des Werks trifft, um über die Gründung eines Betriebsrates zu diskutieren, kurze Zeit später sieben Beschäftigte zeitgleich ihre fristlose Kündigung erhalten, soll es keinen Zusammenhang geben? Fünf von ihnen gingen vor das Arbeitsgericht, drei von ihnen wollten ihr Recht und zogen in die erste Instanz. Einige Monate kein Gehalt und Druck gaben dann den Rest. Ein wirklich schwerer Schlag für Mitbestimmung und Demokratie, der keine Schule machen darf.“ Sonst habe die Gesellschaft als Ganzes verloren. „Ich hoffe nur, dass es noch Mitarbeiter gibt, die sich nicht einschüchtern lassen, die volle Unterstützung der Gewerkschaft ist sicher“, sagt Ralf Köpke nicht zuletzt mit Blick auf die Aktivitäten der Verdi-Kollegen.

Der Fall hatte bundesweit für Aufsehen gesorgt. Spätestens nachdem der Krefelder Anwalt Marc Jörges öffentlich machte, dass Fressnapf seinem Mandanten zuletzt eine dritte fristlose Kündigung ausgesprochen hatte mit einer dritten Begründung: Das Unternehmen war der Meinung, Jörges’ Mandant habe die Westdeutsche Zeitung informiert. Was die Redaktion der Krefelder WZ widerlegte.

Marc Jörges ist Fachanwalt für Arbeits- und Sozialrecht und hat schon viel erlebt. „Aber sowas noch nicht“, erklärte der Anwalt in diesem Zusammenhang vor einigen Wochen gegenüber der WZ. „Ich bin bin geschockt.“ Aktuell verweist Jörges auf seine Schweigepflicht. Auch sein Mandant habe eine Einigung erzielt.

Das Unternehmen Fressnapf reagierte auf Anfrage der WZ nicht.