Heimaufsicht kommt ohne Vorwarnung

Leser zweifeln die Benotung der Einrichtungen und die Überprüfungen an. Das Gesundheitsamt gibt Einblick in seine Arbeit.

Krefeld. Das Altenheim St. Josef ist wegen der Strafanzeige eines Pflegehelfers in die Schlagzeilen geraten. Die Heimaufsicht der Stadt Krefeld sowie der Medizinische Dienst haben kurzerhand die Einrichtung an der Tannenstraße überprüft. Massive Mängel wurden nicht festgestellt. Allerdings wurden der Caritas unmittelbar nach dem Besuch Mitte Januar Sofortmaßnahmen zur Sturz- und Dekubitusprophylaxe sowie zur Personalsituation auferlegt.

In Folge ist die Gesamtnote des Hauses von 1,1 auf 1,5 herabgestuft worden. Allein im Bereich Pflege und medizinische Versorgung sank die Note von 1,2 auf 2,2. Zahlreiche Leser melden angesichts der Vorwürfe Zweifel an der Überprüfung an. Grund für die WZ, bei der Heimaufsicht der Stadt Krefeld nachzuhaken.

Das Gesetz über das Wohnen mit Assistenz und Pflege in Einrichtungen, kurz Wohn- und Teilhabegesetz (WTG) genannt, regelt die Anforderungen an den Betrieb einer Betreuungseinrichtung. Die Kreise und kreisfreien Städte sind für die Durchführung dieses Gesetzes und die Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten zuständig.

Die Aufsicht über die Kreise haben die Bezirksregierungen. Bei der Stadt Krefeld ist Klaus Isberner für die Alten- und Pflegeheime zuständig, insgesamt sind es 26.

Während die Heimaufsicht in Neuss und Düsseldorf 92 Beschwerden im vergangenen Jahr erreicht haben, von denen 48 berechtigt gewesen sind, wird in Krefeld laut Isberner die Zahl von Jahr zu Jahr weniger. „In 2012 sind unter zehn bei der Stadt eingegangen.“

Dennoch überprüft die Heimaufsicht regelmäßig mindestens einmal im Jahr alle Einrichtungen — ohne vorherige Anmeldung. Bei konkreten Anlässen — wie jetzt im Falle des Josefshauses — auch häufiger. „Seit Inkrafttreten des Wohn- und Teilhabegesetzes im Jahr 2009 stehen wir unangemeldet morgens vor der Tür“, erzählt Isberner. Eine solche Überprüfung dauere von 9 bis 16 oder auch schon mal bis 18 Uhr.

Grundlage für die Überprüfung sei ein Rahmenprüfkatalog. Der ist in acht Kategorien unterteilt. Die reichen von der Aufnahme, der Wohnqualität der Zimmer und der Gesamteinrichtung, Essen und Trinken, der Alltagsgestaltung, der Personalsituation, der Pflege und sozialen Betreuung der Bewohner, der Erfüllung der Informationspflicht bis hin zur Mitarbeiterzufriedenheit. Von all dem mache er sich ein eigenes Bild vor Ort.

„Die Hauptinformationsquelle ist jedoch der Bewohnerbeirat, mit dem ein ausführliches Gespräch über dessen Beobachtungen und Einschätzungen geführt wird“, sagt Isberner. Wichtig sei dies auch deshalb, weil er ohne Genehmigung jedes einzelnen alten Menschen die Zimmer nicht betreten dürfe.

Die vorgeschriebenen Pflegedokumentationen sind laut Isberner eine weitere wichtige Informationsquelle. Ob Pflege, Versorgung, das Befinden, die Mobilität oder Stürze — alles muss für jeden einzelnen Bewohner schriftlich festgehalten werden.

Bei seiner Überprüfung im Januar im Josefshaus habe er anhand der detaillierten Vorwürfe des inzwischen gekündigten Pflegehelfers umso genauer in die Pflegedokumentationen geschaut, aber auch verschiedene Wohnbereiche persönlich unter die Lupe genommen. Der Vorwurf der „fahrlässigen Tötung“ ist für die Heimaufsicht danach haltlos.

Die heftige Kritik der Leser am Benotungssystem kann Isberner dennoch gut verstehen. Sein Tipp: „Gucken Sie nicht nach den Noten bei der Auswahl eines Heimplatzes, sondern schauen Sie sich die Häuser selber an.“