Immer wieder Ärger am Krefelder Hauptbahnhof

Kaputte Uhren und Anzeigen, wenig Ansagen. Berufspendler und Reisende bekommen nur unzureichend Infos. Ein Erfahrungsbericht.

Foto: Dirk Jochmann

Die Pendlerhölle beginnt mit einem Blick auf die Uhr. Ganz oben auf der Zwölf stehen die Zeiger der großen Bahnhofsuhr, zu jeder Tages- und Nachtzeit. Möchte ein Bahnfahrer wissen, ob er spät dran ist, muss er schon auf seine eigene Uhr schauen. Und das ist nur die Spitze des Eisbergs, ein kleines und fast zu vernachlässigendes Detail rund um den Krefelder Hauptbahnhof.

Vor allem das Gleis 5 mit der Linie RE 7 über Neuss und Köln nach Münster/Rheine entwickelt sich ab dem Nachmittag zum Hotspot für verärgerte, gar verzweifelte Pendler. Während die Züge vormittags Richtung Krefeld fast immer pünktlich fahren, sind am Abend teils gravierende Verspätungen fast programmiert. Und: Bahnkunden werden darüber nur unzureichend informiert.

Die elektronischen Anzeigen, die erst im Winter an allen drei Bahnsteigen erneuert wurden, funktionieren an den Gleisen 4 und 5 nicht. Im Frühjahr stand dort konstant „Bitte Ansagen beachten“, seit Juni sind beide Anzeigen komplett außer Betrieb. „Ich stehe hier seit zwei Stunden und komme nicht nach Köln“, klagt eine junge Pendlerin: „Der Zug um 17.35 Uhr ist ausgefallen, der um 18.35 Uhr wurde nach 45 Minuten Verspätung über Düsseldorf umgeleitet. Was mit dem nächsten Zug passiert, weiß niemand.“

Zugbegleiter von National Express

Und so geht es vielen Reisenden. Ein Mann erfährt im letzten Moment über die App, dass der Zug umgeleitet wird und nicht über Köln fährt. Er informiert die Mitreisenden am Bahnsteig und spricht den Zugbegleiter an. „Ach, der fährt nicht über Köln? Dann brauche ich ja gar nicht mitfahren“, sagt der irritierte Mitarbeiter der britischen Firma National Express, die die Linie RE 7 seit drei Jahren betreibt.

Genau hier liegt wohl das Problem der Deutschen Bahn und von National Express. Während viele Tech-Konzerne wie Amazon oder Apple zwar große Datenkraken sind, aber sehr kundenzentrierte Geschäftsmodelle haben, scheinen die Bahnbetreiber mehr mit sich selbst beschäftigt zu sein. Der Kunde ist häufig aufgeschmissen. Auch in Krefeld, wo die seltenen Ansagen vom Band wenig weiterhelfen.

Die Deutsche Bahn gibt via Twitter unter @DB_Bahn zwar schnelle Antworten, hat bei Unregelmäßigkeiten aber meist nur die Informationen aus dem Netz oder der App parat, die der Kunde auch zur Verfügung hat — und die oft nicht verlässlich sind. Bei National Express gibt es per WhatsApp mit dem NX-Scout oder unter der Hotline (0211-13 99 94 44) zwar ebenfalls Informationen, bei kurzfristigen und gravierenderen Störungen müssen aber auch hier die Mitarbeiter erst die Leitstelle kontaktieren, was erfahrungsgemäß meist sehr lange dauert.

Auch offiziell erfährt man nur wenig. Die Deutsche Bahn teilt nach einem Monat auf Anfrage mit, dass sie von einem „technischen Defekt“ an der Bahnhofsuhr wisse und, dass es „etwas komplizierter“ sei. Zu den Anzeigen gab es nur von National Express folgende Antwort: „Wir haben diesen Zustand schon häufig an die verantwortlichen Kollegen der Deutschen Bahn weitergegeben. Es ist für uns mehr als ärgerlich, wenn wir rechtzeitig eine Verspätung kommunizieren, diese aber nicht in Krefeld ankommt.“

Amüsant ist: Das Zugmodell von Bombadier, das National Express einsetzt, heißt „Talent 2“. Ein Akronym für einen deutlich längeren Namen, aber bei all den Vorkommnissen schon fast Sarkasmus.