Karotten und Kondome fürs Volk

Jeckes krefeld: Rund 3000 Teilnehmer und fast 55-mal so viele Zuschauer säumten den Weg des Rosenmontagszuges.

Krefeld. Die große Politik und Krisen aller Art überlassen Krefelds Karnevalsgesellschaften immer gerne der Konkurrenz in Köln, Düsseldorf oder Mainz. In der Seidenstadt kommt der närrische Lindwurm in der Regel lokaler daher - so wie am Montag im zeitweisen Sprüh- und Nieselregen bei gemessenen zwölf, aber gefühlten drei Grad. Die frühzeitigen Gebete der Mösche Männekes für einen trockenen Rosenmontag hatte Petrus womöglich schon wieder vergessen.

Erstmals in der Geschichte des Krefelder Karnevals hat eine Frau den Zug geleitet: Daniela Kox (32) sprang für ihren am Sonntag erkrankten Vater Rolf ein. Fazit: Der Zug startete fast pünktlich, und er nahm auch ein ungefähr planmäßiges Ende

12 Uhr mittags: Auf dem Sprödentalplatz geht es noch wie auf dem Ameisenhaufen zu. 3000 Aktive versuchen, sich auf Reihe zu bringen. Ein alkoholfreier Zug? Denkste! "Feigling"-Fläschchen allerorten, auf dem Boden und selbst auf dem Wagen der humorvollen Doktoren sind sie vorhanden. Dort zeigen sich Ex-Polizeipräsident Dieter Friedrich und vor allem Kulturpunkt-Leiter Achim Watzlawik von der lustigen Seite: "Kommste für vier Stunden auf den Wagen, kriegste 50 Euro. Das ist über dem Mindestlohn."

Der Abschlussjahrgang der Maria-Montessori-Gesamtschule singt fürs WZ-Video-Team seinen Bauer-sucht-Frau-Song, die Marienschüler (Stufe 13) brüsten sich mit dem Motto "MasupilABI - wir haben die meisten Punkte". Die Juroren der humorvollsten Bürokraten und des Verkehrsvereins lässt das kalt - ein vorderer Platz ist nicht drin für die Fußgruppe, die als Marsupilamis geht, jenes belgische Fabelwesen aus den Comics, die langen Schwänze verknotet und ordentlich hochgebunden.

Monika Schwaiger, oberste Amazone, zieht ihrem Pferd noch einmal liebevoll die Ohren lang, ehe sie und ihre Gefährtinnen mit Kondomen auf die gut 150000 Menschen (Polizeischätzung) rechts und links des Zugweges werfen. Und der ist, so Zugteilnehmer Marcel Beging (Juso-Gruppe) "diesmal ziemlich behindert." Es geht um viele Ecken und scharfe Kurven durch die City.

Am Ostwall, Unter der Uhr, wartet ein Haufen junger Leute auf die Mottowagen und Fußgruppen - vergebens. Hinter ihrem Rücken kommt der Zug mit zwangsläufig großen Lücken von der Rhein- in die Lohstraße, denn er muss an vielen (zahlenden) gastronomischen Betrieben vorbei. Doch dort gibt es, wie am Boglettis oder an der BarCelona, viel Luft.

Neben den Kondomen von den Amazonen regnet es andere Kamelle: darunter Möhren, Schoko- und Knusperriegel, Lutscher, Popcorn und ganz normale Klümpchen. Am Rathaus scheinen sie dann knapper zu werden. Wahl-Allgäuer und noch Krefelder Rennbahn-Gastronom Klaus Rudolph, unterwegs mit Sohn Max, konstatiert: "Ex-Prinz Manuel Blomen hat jedes Bonbon einzeln geworfen. Ist das die Wirtschaftskrise?" Aber es gibt auch freundliche, nicht mit Schmackes ins Volk gepfefferte Geschenke, etwa die Blumensträuße und -töpfchen des Stadtponyhofes.

Natürlich kein Krefelder Rosenmontagszug ohne "Fabelhaftes" oder "Fabulöses": Montag war’s das Verfahren gegen CDU-Fraktionschef Wilfrid Fabel wegen der nebulösen "LEG-Spende".