Kein Mittel gegen Betteln?

Laut Ordnungsamtsleiter laufen Strafen meist ins Leere. Banden aus Südosteuropa werden zum Problem.

Krefeld. Jeder kennt die Bettler auf der Hochstraße. Es sind Nichtsesshafte. In der jüngsten Sitzung des Ordnungsausschusses waren sie auf Antrag der FDP Thema. Hintergrund war jedoch nicht das Elend der Bettler, sondern die Interessen der Geschäftsleute, deren Beschwerden sich mehren. In der folgenden Debatte bezifferte Georg Lieser, Chef des Ordnungsamtes, die Zahl der meist Obdachlosen in der Innenstadt auf „rund ein Dutzend Camper“. Auf der Hochstraße stelle der Kommunalen Ordnungsdienst (KOD) regelmäßig bis zu fünf bettelnde Personen fest, eine davon ohne festen Wohnsitz.

Ihnen werde eine Frist von einer Stunde gesetzt, ihre Schlafstelle und Habseligkeiten zu entfernen. Der KOD stützt sich dabei auf eine Verordnung der Stadt, die das Lagern und aggressive Betteln auf öffentlichen Flächen verbietet. Bei Verstößen stellt der KOD Personalien fest und spricht Verwarnungen mit oder ohne Verwarngeld aus. Dazu kommen Platzverweise.

Lieser muss jedoch einräumen, dass Verwarn- oder Bußgeld mangels Finanzen oder ladungsfähiger Anschriften meist ins Leere laufen. Aggressives Betteln mit Ansprechen oder Anfassen sei in der City so gut wie nicht der Fall. Lieser sieht in den Bettlern „ein soziales Phänomen“.

Elvira Gergis, Sprecherin der Grünen, macht auf ein anderes Problem aufmerksam. Immer öfter treten „Bettelbanden“ aus Bulgarien und Rumänien auf. Diese würden angefahren, in einen Rollstuhl gesetzt und nach kurzer Zeit wieder abgeholt. Polizeisprecher Wolfgang Lindner bestätigt, dass „Bettlergruppen vom Balkan europaweit operieren“. Die Polizei habe jedoch keine rechtlichen Möglichkeiten, dagegen einzuschreiten.

SPD-Sprecher Christoph Aretz sprach sich dafür aus, den obdachlosen Bettlern mehr Asylmöglichkeiten anzubieten und „weniger Stimmung gegen sie zu machen“. Lindner hielt dem entgegen, dass Notschlafstellen nur im äußersten Notfall angenommen würden. „Sie haben Angst, dass man ihnen dabei das letzte Hemd klaut.“

Solche Schlaf- und Waschstellen bietet zum Beispiel die Diakonie an. Sie sieht die Ursachen für Obdachlosigkeit und Betteln in einer rasanten Spirale, in der persönliche Probleme, Arbeitslosigkeit und Schulden innerhalb kürzester Zeit in die Wohnungslosigkeit führen könnten. Wer ohne festen Wohnsitz ist, hat es schwer, eine Arbeit zu finden. Wer keine Arbeit hat, findet nur schwer eine neue Wohnung. Ein Kreislauf, der schnell zu Ausgrenzung und sozialer Ächtung führt. Die Diakonie bietet Betroffenen insgesamt 42 Schlafplätze, für Männer und Frauen getrennt.

Die Hilfe der evangelischen Einrichtung ist für Ratsuchende kostenlos und unterliegt der Schweigepflicht. Schlafstellen bietet auch die Caritas an, jedoch nur für Drogenabhängige. Sonja Borghoff-Uhlenbroich berichtet über häufige Besuche von Obdachlosen im Hansa-Haus. „Sie bekommen dann Kaffee und Kleinigkeiten zu essen, die uns Sponsoren zur Verfügung stellen.“