Premiere: Der ewige Kreislauf der Rache

Politisch wie selten zuvor wird am Freitag der Auftakt der Spielzeit. Matthias Gehrt inszeniert den Welterfolg „Verbrennungen“.

Krefeld. Dass der Start in die Spielzeit politisch wird wie selten zuvor, das war allen Beteiligten klar. Doch mit welcher Wucht die Ereignisse im Nahen Osten das Bühnengeschehen einholen würden, konnte niemand ahnen. „Das verschlägt uns die Sprache“, gesteht Schauspieldirektor Matthias Gehrt. Er wird am Freitag (20 Uhr, Stadttheater) Wajdi Mouawads Welterfolg „Verbrennungen“ inszenieren, morgen folgt die Uraufführung „Ein Gedächtnis für das Vergessen“ (Text rechts).

Das Stück des gebürtigen Libanesen Mouawad ist eine Familientragödie antiken Ausmaßes. Sie beruht lose auf dem Leben der Widerstandskämpferin Souha Bechara, die zehn Jahre Haft und Folter überstand. Auch eigene Erfahrungen des Autors dürften eingeflossen sein. Als er acht Jahre alt war, floh seine Familie aus dem Libanon. Über Umwege landete Mouawad in Kanada, wo sein Stück 2003 den Siegeszug durch die Theaterwelt begann.

In 38 Szenen schildert es in Rückblenden das Leben von Nawal (Esther Keil), das vom Bürgerkrieg geprägt war. Nach ihrem Tod entdecken ihre Kinder Stück für Stück, welche Schrecken die Mutter durchlebt und warum sie in den letzten fünf Jahren ihres Lebens so beharrlich geschwiegen hat.

Die Handlung, die laut Gehrt fast wie ein Roadmovie entlang klarer Stationen verläuft, verlangt viele Zeitsprünge und Ortswechsel. Das Bühnenbild hat Gabriele Trinczek daher als „Theaterwerkstatt“ gestaltet. Die neun Schauspieler, die 20 Rollen ausfüllen müssen, rücken sich die Requisiten immer wieder selbst zurecht, keiner verlässt die Bühne. „Das Making of wird quasi mitgeliefert“, sagt Gehrt.

Angesichts des harten Stoffs sieht er sich vor der Herausforderung, „die Zuschauer nicht in einem See von Tränen zu ertränken“. Der Autor steht ihm dabei durchaus zur Seite, denn Mouawad zieht seine Figuren nicht in einem unentrinnbaren Strudel hinab in die Tiefe. Er lässt sein Stück in einer „unglaublichen Utopie“ enden: „Es ist ein großes Plädoyer, die Logik der Gewalt außer Kraft zu setzen und den Kreislauf von Rache und Gegenrache zu durchbrechen.“

Neben Esther Keil, die zuletzt in „Glückliche Tage“ und „Der Menschenfeind“ geglänzt hat, sind zwei neue Ensemblemitglieder erstmals zu erleben: Jonathan Hutter und Henrike Hahn.

Eine Panoramaseite zum Spielzeitstart des Stadttheaters finden Sie in der Freitagsausgabe der WZ Krefeld.