Bildung Kein neues Abi-Chaos gewünscht

Krefelder Schulleiter beziehen Stellung zur erneuten Diskussion um G8 an Gymnasien. Die Stadtschulpflegschaft kritisiert die Landespolitik.

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Krefeld. Dem Vorstoß der Landeselternschaft, die Dienstag am Runden Tisch bei Schulministerin Sylvia Löhrmann auf eine Rückkehr zum Abitur in neun Jahren pocht, steht Horst Obdenbusch, Schulleiter des Fabritianums, durchaus skeptisch gegenüber. Er könne die Beweggründe der G8-Gegner nachvollziehen, sehe einige Argumente jedoch kritisch. Eines davon: Die Schüler hätten nicht genug Zeit für die persönliche Entwicklung, seien nach acht Jahren nicht reif genug. „Realschüler müssen schließlich auch ab der zehnten Klasse ins Berufsleben starten“, sagt Obdenbusch.

Ein weiterer Punkt ist der Unterricht am Nachmittag. „Viele Eltern sind froh, wenn ihre Kinder auch nachmittags betreut werden.“ Natürlich gebe es auch andere, die beklagen, dass ihre Kinder aufgrund langer Schultage keine Zeit mehr für ihre Hobbys haben.

Am Fabritianum hat man sich auf die Anforderungen von G8 eingestellt. Es gibt in der Regel zwei lange Schultage in der Woche und insgesamt weniger Hausaufgaben, um die Schüler zu entlasten. Dass trotzdem nicht alle mit dem verschärften Leistungsdruck klar kommen, ist Obdenbusch bewusst. „Die Ergebnisse belegen, dass die Schüler es schaffen. Aber natürlich gibt es auch Schüler, die intellektuell in der Lage sind, aber länger brauchen, um das Abitur zu machen.“ Unterm Strich ist dem Schulleiter des Fabritianums vor allem wichtig: „Ich kann nur dafür plädieren, ein erneutes Chaos für die Schüler zu minimieren.“

Klemens Seth ist sicher, dass den Gymnasien Veränderungen bevorstehen und fordert eine Regelung, die Schüler aller Schulformen gleich behandelt. „Das ist eine Sache der Fairness“, sagt der Schulleiter des Gymnasiums Horkesgath. „Wenn am Ende die gleiche Qualifikation herauskommen soll, gibt es keinen Grund, warum Gymnasiasten nicht auch neun Jahre Zeit für das Abitur haben sollten“, sagt Seth. Eine Rückkehr zu G9 sei demnach „nicht falsch“, löse aber nicht alle Probleme. „Zum Beispiel müssten die Lehrpläne weiter entschlackt werden.“

Harald Rosendahl ist wichtig, dass eine Lösung gefunden wird, die „organisatorisch tragbar“ ist. „Es gibt gute Gründe dafür, den Schülern offenzulassen, ob sie das Abitur lieber in neun Jahren machen möchten“, sagt der Schulleiter des Arndt-Gymnasiums. Das sei wichtig für die persönliche Entwicklung der jungen Menschen.

Ähnlich sieht das Thomas Jansen, zweiter Vorsitzender der Stadtschulpflegschaft. Auch wegen des gewachsenen Leistungsdrucks sei G8 ein Thema bei den Eltern. „Man ist damals dem Wunsch der Wirtschaft nachgekommen, in der Realität funktioniert es aber nicht.“ Denn trotzdem würden die Abiturienten nicht unbedingt früher auf dem Arbeitsmarkt landen. „Viele Schüler nehmen sich jetzt eine Auszeit, um zu überlegen, was sie machen.“ Dass Schülern durch verlängerte Unterrichtszeiten weniger Zeit für beispielsweise Sportvereine bleibe, sei ein weiteres Problem, so Jansen.

Das sieht Jochen Adrian, stellvertretender Vorsitzender des Stadtsportbunds, ähnlich. „Gefühlt“ habe sich die Zahl der in Vereinen sporttreibenden Kinder und Jugendlichen in den letzten Jahren verringert. „Insgesamt hängt der zahlenmäßige Rückgang in den Vereinen sicher mit der längeren Schulzeit durch den Ganztag zusammen“, sagt Adrian.

Inwiefern sich das sogenannte Turbo-Abi wandeln könnte, ist bisher nicht klarer geworden. Thomas Jansen von der Stadtschulpflegschaft warnt: „Es darf nicht zum Landtagswahlthema werden, dafür ist es zu wichtig.“