Museum Burg Linn Uralte Bücher vor der Rettung
Krefeld · 68 Schriften der Historischen Bibliothek des Museums Burg Linn werden restauriert, darunter zwei Atlanten.
Knapp 3500 Bücher umfasst die Historische Bibliothek des Museums Burg Linn. Die darin gesammelten Bände entstanden vom 15. bis zum 19. Jahrhundert. Viele davon sind absolute Kostbarkeiten, die weltweit in keiner oder in ganz wenigen anderen Bibliotheken nachgewiesen sind. Diese Raritäten begeistern oft durch wundervolle handkolorierte Zeichnungen und vergoldete Ledereinbände. Doch der Zustand dieser Werke ist oft nicht der beste. „Der gesamte Restaurierungsbedarf geht in die Millionen“, sagt Museumsleiterin Jennifer Morscheiser. Erste Schritte dazu werden nun mit finanzieller Unterstützung des Bundes und des Fördervereins getan.
Auf dem Tisch im Büro von Jenniger Morscheiser liegen zwei gewaltige, in Leder gebundene Atlanten. Sie stammen aus der Werkstatt des niederländischen Verlages Visscher und sind Anfang des 18. Jahrhunderts in Amsterdam gedruckt worden. Sämtliche kolorierten Zeichnungen und Karten darin wurden von Hand gemalt – und genau darin liegt aus heutiger Sicht das Problem.
Kupferfraß setzt
den alten Atlanten zu
„Die Farbe enthält Metallsalze, was zu Ausbrüchen führt“, berichtet Ralf-Günter Stefan, ehemaliger Kriminalhauptkommissar, der sich an mittlerweile fünf Tagen in der Woche ehrenamtlich um den wertvollen Linner Buchbestand kümmert. Der sogenannte Kupferfraß, durch Grünspan verursacht, führt zu Löchern auf den Papierseiten. Auch brechen diese schon bei geringer Belastung wie dem Umblättern. Farbdurchschläge auf andere Seiten sind an vielen Stellen in den beiden Atlanten ebenso zu finden.
Eine Spezialwerkstatt in Berlin soll die kostbaren Bücher restaurieren. Jennifer Morscheiser wird sie persönlich dort abliefern. Wie Stefan erläutert, werde auf jede einzelne Karte Japanpapier aufgeklebt, um sie zu stabilisieren und die Säure zu neutralisieren. „Das kostet allein an Papier 630 Euro, ohne Kleber, ohne Arbeitsstunden“, so Morscheiser. Für diese Arbeiten sei es „allerhöchste Eisenbahn“. Die Restaurierung umfasst außerdem gelöste Buchdeckel und eingerissene Blätter.
Aus der Historischen Bibliothek werden aber nicht nur die beiden großen Atlanten, die insgesamt 195 Karten umfassen, an Restauratoren übergeben. Werkstätten in ganz Deutschland werden sich in den kommenden Wochen und Monaten mit insgesamt 68 Schriften aus Linn beschäftigen. Diese sind für die Restaurierung ausgewählt worden. Die Arbeiten geschehen unter Zeitdruck, denn die gewährten Fördermittel müssen bis zum Jahresende investiert sein. Bei der Auswahl der passenden Werkstätten, die großes Fachwissen vorweisen müssen, halfen Experten der Universität und Landesbibliothek Düsseldorf sowie der Universiät Münster.
Welche Fördermittel kommen zum Tragen? Wie Projektleiter Christoph Dautermann berichtet, stammen sie aus einem Sonderprogramm, das die Bundesregierung seit 2017 zum Erhalt des schriftlichen Kulturguts in Deutschland bereitstellt. Vergeben werden sie über eine Koordinierungsstelle. Schon 2018 habe das Museum Mittel beantragt, erst für 2019 seien sie gewährt worden. Der Bund unterstützt Vorhaben zum Erhalt des schriftlichen Kulturguts mit bis zu 50 Prozent.
Für die anstehenden Restaurierungsarbeiten stehen jetzt insgesamt 50 000 Euro zur Verfügung.12 500 Euro stellt die Stadt Krefeld bereit, weitere 12 500 der Förderverein des Museums. Die Koordinierungsstelle hat dementsprechend 25 000 Euro übernommen. „Das ist für uns eine massive Summe“, sagt Jennifer Morscheiser.
Für die Restaurierung und gleichzeitige Digitalisierung sind besonders seltene Werke aus den Linner Beständen ausgewählt worden. Die beiden Atlanten, die schon in ihrer Entstehungszeit sehr wertvoll waren, gehören dazu. Der Förderverein sammelt außerdem schon Spenden, damit weitere Bücher vor dem Verfall gerettet werden können.
Auch in die Historische Bibliothek des Museums selbst muss übrigens dringend investiert werden: Der im zweiten Stock untergebrachte Raum, in dem derzeit etwa 1500 Bände ausgestellt sind, braucht eine Klimatisierung und eine
Luftentfeuchtung. Wie Jennifer Morscheiser ankündigt, wolle man 2020 bessere Lagerbedingungen schaffen.