Mobilität Begrünter Lärmschutz ist für Autobahn GmbH keine neue Option

Krefeld · Die Autobahn GmbH kapituliert vor den Graffitis auf dem neuen Lärmschutz entlang der A57.

Die verbeulten neuen Lärmschutzwände an der A57 Höhe Oppum sind ausgetauscht und schon wieder wild bemalt.

Foto: Andreas Bischof

Der sechsstreifige Ausbau der A57 zwischen dem Autobahnkreuz Meerbusch und der Anschlussstelle Krefeld-Oppum kommt planmäßig voran. Der nächste Abschnitt in der Bauphase vier hat inzwischen begonnen. Deshalb hat sich die Verkehrsführung ab der Anschlussstelle Krefeld-Zentrum geändert. Die Auffahrt der Anschlussstelle Krefeld-Oppum in Fahrtrichtung Köln ist gesperrt, die Fahrstreifen verengen sich und die Ausfahrt zur Tank- und Rastanlage Geismühle wurde verlegt. Inzwischen sind die reklamierten, verbeulten neuen Lärmschutzwände von der ausführenden Firma auf eigene Kosten ersetzt worden. Doch statt eines dezenten, waagerechten Linienmusters auf den gelochten Alu-Kassetten der zwischen 5,50 und 7,50 Meter hohen, hochabsorbierenden silbergrauen Lärmschutzwände prangen immer mehr farbige, riesengroße Graffitis auf den Flächen. So hatten sich die Vertreter in der Bezirksvertretung Ost und im Bauausschuss bei der Vorstellung der Gestaltungspläne durch den damals noch zuständigen Bauherrn Straßen NRW die Umsetzung nicht vorgestellt.

Autobahn GmbH kapituliert vor den Graffitis auf Lärmschutz

Der Gestaltungsentwurf des Planungsbüros Orange Edge aus Hamburg sieht mit Ausnahme an der Geismühle, mit einem 4,5 Meter hohen gläsernen Fenster mit Blick auf Krefelds Wahrzeichen, auf der gesamten Länge von 14,65 Kilometern durchweg bis zu maximal 7,5 Meter hohe Lärmschutzwände vor; davon 7,1 Kilometer auf der Westseite, 5,7 Kilometer auf der Ostseite und 1,9 Kilometer im Mittelstreifen. Zur Verbesserung ihrer Wirkung sollen sie teilweise zur Fahrbahn hin gewölbt ausgeführt werden. Zur Fahrbahnseite hin sollen horizontale Linien Bewegung, Weite und Geschwindigkeit, zur Stadtseite hin vertikale Linien Verwurzelung, Erdung und Gradlinigkeit symbolisieren. Bei der Präsentation von Straßen NRW waren zusätzlich zur Fahrbahnseite LED-Leisten in den Alukassetten angedacht, zur besseren Orientierung für Autofahrer in der Nacht, denn die hohe gebogene Wandform würde zu einer starken Verdunklung des Straßenraums führen. Soweit der Entwurf, der in einem „Gestaltungshandbuch Lärmschutzwand A57“ detailliert beschrieben ist.

„Die Gestaltung der Lärmschutzwände wurde nicht mit planfestgestellt; es wurden lediglich Standort, Höhe und Form geregelt“, erläutert der Sprecher der Autobahn GmbH des Bundes, Manuel Kölker. Im Beschluss wurde festgelegt, dass deren Gestaltung im Rahmen der Ausführungsplanung auf Basis des Gestaltungshandbuches mit der Stadt Krefeld abgestimmt wird. Eine „Leinwand für Graffitis“ war nicht geplant.

„Das Thema Graffiti ist ärgerlich, lässt sich aber leider nicht vermeiden“, sagt Kölker. Auch nach einer Reinigung seien die Wände schnell wieder besprüht. Das war auch nach dem Austausch der verbeulten Elemente zu beobachten, die nur innerhalb eines Tages wieder besprüht waren. „Wir entfernen daher tatsächlich nur, wenn strafrechtliche Inhalte gesprüht wurden. Hier und da arbeiten wir allerdings auch mit Künstlern zusammen“, so der Sprecher der Autobahn GmbH.

Schon in der Planungsphase hatte es damals noch bei Straßen NRW die Nachfrage gegeben, ob neue Lärmschutzwände nicht zusätzlich begrünt werden könnten. Zum Schutz vor Graffitis und ebenso zum Schutz des Klimas, der Natur, der Luft und der Artenvielfalt. Nicht nur in den Niederlanden ist das entlang der Autobahnen zu beobachten. Inzwischen werden im Hinblick auf den fortschreitenden Klimawandel und steigende Temperaturen zum Ausgleich immer häufiger grüne Lärmschutzwände in Städten, Kommunen sowie an Straßen, Autobahnen und Bahnstrecken gesetzt. So auch derzeit auf der österreichischen A12 Inntal-Autobahn.

Begrünung der Flächen als Schutz vor Graffitis und für Artenschutz

„Die Fragen zur einer möglichen Begrünung von Lärmschutzwänden ist für uns nicht neu“, sagt Kölker. Dem Träger der Straßenbaulast obliege allerdings unter anderem auch die Verkehrssicherheitspflicht. Ein wesentlicher Bestandteil zu deren Erfüllung sei bei Lärmschutzwänden die Durchführung einer Bauwerksprüfung, die alle drei Jahre zu erfolgen hat. Um die in erforderlichem Umfang und Qualität durchführen zu können, bedürfe es einer handnahen Prüfung aller tragenden und sicherheitsrelevanten Bauteile. Eine Bepflanzung spreche dagegen, eine optische und handnahe Prüfung sei dann im erforderlichen Umfang nicht mehr möglich. „Diesem Sachverhalt trägt auch das Gestaltungshandbuch Rechnung, eine Begrünung konnte und wurde daher nicht vorgesehen“, sagt Kölker. Allerdings ist der vom Bund angenommene Entwurf von 2017, die Planung für den Teilausbau der A57 ist noch älter. Sie stammt aus dem Jahr 2010, wie der damalige Projektleiter von Straßen NRW, Athanasios Mpasios, 2017 bei der Vorstellung der Ausbaupläne in der BZV Ost berichtet hatte. Inzwischen hat der Rat der Stadt Krefeld beschlossen, bereits im Jahr 2035 klimaneutral sein zu wollen und ein Klimaschutzkonzept auf den Weg gebracht.

Allein 75 Millionen Euro der insgesamt ursprünglich angesetzten 225 Millionen Euro Baukosten werden in den Lärmschutz fließen. „Sie kriegen den besten Lärmschutz“, hatte Mpasios für den Bauträger versichert. Dazu zählt neben den neuen Lärmschutzwänden auch der offenporige Asphalt, auch Flüsterasphalt genannt. Der Schutz vor Schmierereien wie auch ein Beitrag zum Klima- und Artenschutz spielen dabei eine untergeordnete Rolle.

Meinung S. 16