650 Jahre Krefeld Ein Spaziergang durch die Zeit mit der WZ
Krefeld · Die Westdeutsche Zeitung begleitet seit 147 Jahren die Geschichte Krefelds – und ist selbst ein Teil dieser Geschichte geworden.
Die Schlagzeile auf der Titelseite der „Krefelder Zeitung“ vom 1. August 1914 besteht nur aus einem einzigen Wort: „Mobilmachung.“ So beginnt auch in Krefeld ein Ereignis, das heute als Erster Weltkrieg in den Geschichtsbüchern steht. In der Eingangshalle der Westdeutschen Zeitung an der Rheinstraße 76 hängen weitere solcher geschichtsträchtigen Titelseiten: „Der Reichspräsident Hindenburg in Krefeld“ vom 21. März 1926. „Präsident Kennedy wurde ermordet“ vom 23. November 1963. „Zwei Menschen auf dem Mond“ vom 21. Juli 1969. Sie alle dokumentieren, wie lange unsere Zeitung schon die Geschichte der Stadt und des Landes sowie den Wandel der Welt begleitet und wichtige Ereignisse festhält, einordnet und bewertet.
Die WZ ist als älteste Zeitung vor Ort selbst ein Bestandteil der Krefelder Geschichte geworden. 1876, also vor 147 Jahren, wird der „Generalanzeiger für Crefeld und Umgebung“ von Edmund Busch-du Fallois gegründet. Bis zu seinem Tod im Jahr 1891 führt er das kostenlose Anzeigenblatt gemeinsam mit seinem Bruder Bernhard. Dieser baut den Generalanzeiger in den Jahrzehnten danach weiter auf und führt ihn auch erfolgreich durch die Wirren der 1920er Jahre, als in der Inflation viele andere Blätter kapitulieren müssen.
Die älteste Titelseite unserer Zeitung im Eingangsbereich des Medienhauses an der Rheinstraße 76 stammt vom 2. April 1906. Es handelt sich um eine Festausgabe anlässlich des Einzugs des 2. Westfälischen Husaren-Regiments Nr. 11 in die neu errichtete Kaserne an der heutigen Westparkstraße. Kaiser Wilhelm II. persönlich reitet an der Spitze des Kavallerieverbandes, der zuvor in Düsseldorf beheimatet war, in die Stadt und verkündet auf dem Bissing-Platz (heute: Konrad-Adenauer-Platz): „Der Stadt habe ich ihre Garnison gebracht und den jungen Damen ihre Tänzer.“ Was den Soldaten prompt den Spitznamen „Krefelder Tanzhusaren“ einbringt. Der kriselnden Textilstadt Krefeld bringt das Regiment jedoch eine Belebung der heimischen Wirtschaft – und die Zeitung revanchiert sich entsprechend: „Der Kaiser hoch“ ist auf dem Titel zu lesen, Schriftleiter Ernst Brües dichtet euphorisch: „Der Kaiser sei des Fortschritts wack’rer Streiter, Der Kaiser hoch! Hoch seine grünen Reiter!“
Hohen Besuch dokumentiert auch die Ausgabe vom 21. März 1926. Paul von Hindenburg, Generalfeldmarschall im Ersten Weltkrieg und seit 1925 zweiter Reichspräsident der jungen Republik, trifft mit dem Sonderzug am Krefelder Hauptbahnhof ein, wo er von Oberbürgermeister Johannes Johansen begrüßt wird. „Eine unübersehbare, freudig bewegte Menschenmenge säumte den Bahnhofsvorplatz und die angrenzenden Straßen ein“, schreibt unsere Zeitung. Und weiter: „Stürmischer Jubel brach aus allen Herzen. Immer und immer wieder setzte der Huldigungssturm von neuem ein.“ Die Fahrt in einer Adler-Limousine führt dann über Ostwall, Rheinstraße, Friedrichstraße, Nordwall, Westwall und St.-Anton-Straße bis zur festlich geschmückten Stadthalle.
Vom 1. Januar 1934 an erscheinen der Generalanzeiger, Crefelder Zeitung (mindestens seit 1855), Niederrheinisches Echo, Viersener Zeitung, Linksrheinische Rundschau und Die Wacht (Dülken) im Verlag C. Busch-du Fallois Söhne unter dem gemeinsamen Titel Westdeutsche Zeitung. Eine Vereinigung, die vielerorts erst auf Druck der neuen braunen Machthaber in Berlin geschieht. Denn die Pressefreiheit wird von den Nazis abgeschafft, die Medien werden zwangsweise in den Dienst des NS-Staates gestellt. Nach dem „Schriftleitergesetz“ vom 1. Januar 1934 sind sie nun „Träger öffentlicher Aufgaben“ und damit ein Teil der NS-Propaganda.
Auch diese finstere Zeit spiegelt eine Titelseite im Foyer der WZ: „Stolz des Niederrheins“ lautet die Schlagzeile über einen Artikel zur Weihe der „Adolf-Hitler-Rheinbrücke“ in Uerdingen. Tausende „Volksgenossen“ sind dabei, als der „Stellvertreter des Führers“, Rudolf Heß, am 8. Juni 1936 das rote Band zerschneidet. „Mit Stolz blicken wir auf diese Brücke, auf diese gewaltige Leistung, die die Gemeinschaft schuf und die nun der Gemeinschaft dient“, wird dieser im Artikel zitiert. Und auch die angeblichen Anstrengungen Adolf Hitlers zur Sicherung des Friedens durch eine klare Verständigung mit dem „großen Nachbarn im Westen“ (Frankreich wird namentlich nicht genannt) hebt Rudolf Heß 1936 hervor – drei Jahre später beginnt mit dem deutschen Überfall auf Polen der Zweite Weltkrieg.
Das Pressehaus an der Rheinstraße 76 mit der markanten Uhr an der Fassade gibt es damals schon lange, die Straße wird im Dritten Reich allerdings nach Adolf Hitler benannt. Im hinteren Teil des verwinkelten Baus ist im Erdgeschoss die Druckerei untergebracht. Seit wann genau der Verlag seinen Sitz an dieser Stelle im Stadtzentrum hat, ist durch die Zerstörungen der Archive im Bombenhagel des Zweiten Weltkrieg nicht exakt zu belegen. Er soll aber schon kurz nach der Gründung des Generalanzeigers hierhergezogen sein.
Nach dem Kriegsende 1945 erscheint die Westdeutsche Zeitung erst 1949 wieder. WZ und Düsseldorfer Nachrichten schließen sich zusammen. Politische Mantelseiten werden aus Düsseldorf übernommen, Lokal- und Anzeigenseiten werden dagegen in Krefeld erstellt, und auch der Druck der Zeitung erfolgt an der Rheinstraße.
Der Untergang des Schulschiffs Niobe im Juli 1932, die Ermordung des amerikanischen Präsidenten John F. Kennedy im November 1963 in Dallas, die Landung der beiden ersten Menschen auf dem Mond im Juli 1969, der Concorde-Absturz im Juli 2000, bei dem 113 Menschen (darunter 96 Deutsche) bei Paris ums Leben kommen – wer an den aufgehängten Titelseiten der Westdeutschen Zeitung vorbeigeht, macht einen Spaziergang durch die Zeit. Und auch die Geschichte des WZ selbst geht weiter: 1970 wird der Verlag C. Busch-du Fallois Söhne vom Verlag W. Girardet übernommen, neuer Herausgeber wird Michael Girardet. Der klangvolle Name C. Busch-du Fallois Söhne steht aber noch bis zum Abriss des Gebäudes an der Rheinstraße 76 im Jahr 2006 auf der Fassade. Es weicht einem Neubau, in den die WZ nur zwei Jahre später wieder einzieht und bis heute ihre Heimat hat.
Gedruckt wird die Zeitung hier nicht mehr, sondern in Düsseldorf. Dafür werden von der Rheinstraße aus neben den Krefelder Inhalten für die klassische Zeitung auch digitale Neuigkeiten für die Homepage wz.de, für die WZ-App, für E-Paper und Social Media produziert.