Wie und von wem Krefeld die Stadtrechte verliehen bekam Kaiser und Graf als Geburtshelfer Krefelds vor 650 Jahren

Krefeld · Die Stadt feiert Jubiläum. Die WZ begleitet den 650. Geburtstag mit einer Reihe an Serien, die sich mit Geschichte und Zukunft dieser Stadt beschäftigen.

Diese historische Ansicht zeigt die Stadt Krefeld im 17. Jahrhundert.

Foto: Stadtarchiv Krefeld

Krefelds Geschichte beginnt natürlich nicht erst 1373, vor 650 Jahren. Die historischen Spuren auf dem heutigen Stadtgebiet reichen viel tiefer zurück, in die Antike, zu den Römern: Zeugnis davon legt unter anderem der Niedergermanische Limes, der seit 2021 zum Unesco-Weltkulturerbe gehört. Auch das Kastell Gelduba im heutigen Krefeld-Gellep zählte zu den Militärlagern dieser Grenzbefestigung des Römischen Reiches, die vor rund 2000 Jahren am Rhein entstanden ist. Gleichwohl war die offizielle Stadterhebung 1373 ein entscheidendes Ereignis in der lokalen Geschichte – das sich auch unabhängig von den diesjährigen Jubiläumsfeiern als Meilenstein und Ausgangspunkt für unseren Blick zurück gut eignet.

Schon zwölf Jahre zuvor hatte sich der Aufstieg zur Stadt angebahnt. Denn 1361 verlieh Kaiser Karl IV. dem Grafen Dietrich von Moers das Recht, in seinem Dorf Krefeld einen Jahr- und Wochenmarkt zu etablieren. Dieser Karl IV. (1316 - 1378) gehört zu den bedeutendsten römisch-deutschen Herrschern des Mittelalters. Seine Herrschaft übte Karl bevorzugt von seiner Geburtsstadt Prag aus, wo er auch starb. Er war zugleich König von Böhmen, Italien und Burgund, 1355 wurde der Luxemburger in Rom zum römisch-deutschen Kaiser gekrönt.

Krefeld war eingezwängt zwischen Linn, Uerdingen und Kempen

Für die Krefelder Geschichte erwies es sich nun als überaus vorteilhaft, dass Graf Johann von Moers den Kaiser persönlich kannte und man sich gegenseitig schätzte. Johann, ein gewiefter Stratege, der nach dem Tod seines Bruders Dietrich die Vormundschaft für dessen Sohn Friedrich übernahm, „ging nach der Verleihung des Marktrechtes den nächsten Schritt“, schreibt Guido Rotthoff, der frühere Leiter des Krefelder Stadtarchivs, im Mittelalter-Kapitel der großen Krefelder Stadtgeschichte (Band 1, erschienen 1998): Da er „seit 1370 in engen Beziehungen zu Karl IV. stand, war der Weg offen, für Krefeld eine kaiserliche Stadterhebungsurkunde zu erhalten“.

So dankte der Kaiser 1370 in einem Schreiben Johann für seine Vermittlung zwischen seinem Stiefbruder Wenzel und Eduard von Geldern. Ein Jahr später lud Karl IV. Graf Johann sogar an den kaiserlichen Hof in Prag ein und gab ihm einen wichtigen Auftrag. Als kaiserlicher Kommissar sollte der Moerser die Zolleinnahmen überprüfen – ein starker Vertrauensbeweis.

Am 1. Oktober 1373 erteilte der Kaiser schließlich in Prag dem Grafen Friedrich von Moers (der mit seinem Onkel und Vormund Johann anwesend war), das Privileg, sein Dorf Creyvelt zu einer Marktstadt zu erheben – zwischen den Städten Linn (gehörte zu Kleve), Uerdingen und dem kurkölnischen Amt Kempen. Die neue Stadt war also relativ eingezwängt von älteren Nachbarn und sollte sogleich mit Gräben, Mauern, Türmen, Toren, Erkern, Wällen und anderen Befestigungen gesichert werden. Ein altes Modell zeigte das Zentrum „Crefelds“ am heutigen Schwanenmarkt; auch die Hochstraße, die Angerhausenstraße und das Bröckske sind darauf bereits zu erkennen.

Rotthoff sieht in der Krefeld eingeräumten Erhebung eines Wegegeldes einen auffälligen Unterschied zu anderen Stadterhebungen. Es sollte für jedes Pferd erhoben werden, das für den Warentransport oder den Verkauf bestimmt war, und diente der Verbesserung der Stadtbefestigung. Ebenfalls ungewöhnlich war, dass jedem, der die Bestimmungen der Urkunde missachtete, gleich eine saftige Strafe von 1000 Goldmark drohte.

Für den Moerser Grafen blieb Krefeld zunächst „Dorf“

Rotthoff vermutet, dass die Moerser solche Sicherheitsprivilegien in Prag aufgrund der guten Beziehungen zum Kaiser einheimsen konnten. Denn mehr Sicherheit vor Überfällen war überhaupt der wichtigste Vorteil, „Stadt“ zu sein. Dadurch war der Ort besser vor Räuberbanden geschützt, damals im 14. Jahrhundert vor allem vor den damaligen Raubrittern auf Burg Linn.

Allerdings fiel die Maueranlage nicht sehr imposant aus. Die mannshohe Backsteinmauer mochte vermutlich Räuber und fahrendes Volk abschrecken, feindlich gesinnte Soldatentruppen indes hätte die Sicherungsanlage kaum länger aufhalten können. Die Mauer diente wohl in erster Linie dazu, den Warenfluss in und aus der Stadt zu regeln und auf diese Weise Gebühren und Abgaben zu kassieren.

Bis die Stadterhebung Krefelds so richtig wirksam und spürbar wurde, verging noch so einige Zeit. Graf Friedrich von Moers bezeichnete Krefeld noch 1375 als Dorf, heißt es in Rotthoffs Stadtgeschichte, erst 1392 wurden explizit „Stadt und Land Krefeld“ genannt – im Vertrag zwischen Friedrich und Graf Adolf von Kleve über die Heirat ihrer Kinder. Mangels Quellen lässt sich nicht mehr genauer rekapitulieren, wie sich die Stadtverfassung in den Jahren nach 1373 tatsächlich gestaltet hat. Erst 90 Jahre später (1463) taucht in den Quellen erstmals ein Bürgermeister als Vertreter der Stadt Krefeld (neben Schöffen und Bürgern) auf. Klar ist, dass Krefeld zunächst unter der Fuchtel von Moers stand oder wie es Guido Rotthoff formuliert: „Die politische Geschichte des Kleinstädtchens (Krefeld) war an die Politik gebunden, die seine moersischen Landesherren verfolgten...“. Nun, das hat sich zum Glück mittlerweile geändert.