Auszeichnung Ingrid Falkenstein: Eine Frau der großen Taten

Krefeld · Die Akademie für Brauchtum, Kultur & Sport ehrt die waschechte Fischelnerin für ihr soziales Engagement. Kurios: Vor der Verleihung ahnte die rührige Krefelderin von alledem nichts.

Ingrid Falkenstein wurde beim Fischelner Schützenfest von der Akademie für Brauchtum, Sport und Kultur als stille Heldin des Jahres geehrt.

Foto: Ja/Jochmann, Dirk (dj)

Der Chef hatte um ihre Begleitung gebeten. Da war für Ingrid Falkenstein schnell klar, dass sie Pfarrer Frank Michael Mertens den Wunsch erfüllt. Er solle beim Schützenfest am Samstagnachmittag auf dem Marienplatz helfen, darum sei er gebeten worden. Mertens war natürlich eingeweiht und als Thomas Schlößer beim Fischelner Schützenfest den Pfarrer auf die Bühne holte und interviewte, schien die Welt für Ingrid Falkenstein immer noch in Ordnung zu sein.

Tage später sagt sie über die folgenden Minuten: „Ich bin aus allen Wolken gefallen. Das ist so gar nichts für mich, auf der großen Bühne zu stehen.“ Hätte sie das vorher gewusst, wäre nicht klar gewesen, ob sie denn überhaupt gekommen wäre. Aber nun stand sie wenig später da, auf der Bühne – neben ihrem Chef und Akademie-Präsident Schlößer. Das alles hatten die Macher der „Akademie für Brauchtum, Kultur & Sport“ durchaus bedacht und es eben so inszeniert für Ingrid Falkenstein.

„Ich bin Anlaufstelle für viele Menschen in der Pfarre“

Schlößer bezeichnete Falkenstein als gute Seele der Pfarrei St. Clemens, die immer ein offenes Ohr für die Fischelner habe. Schlößer: „Ihre Sache sind nicht große Worte, sie ist eine Frau der großen Taten.“ Und die setze sie getreu dem Motto um: Glücklich ist einer, der bereit ist, Zeit zu verschenken, auch wenn er keine hat. Die „Akademie für Brauchtum, Kultur & Sport“ hat sich im vergangenen Jahr gegründet und zeichnet jedes Jahr eine Person aus, deren Wirken ansonsten eher im Verborgenen bliebe.

Ingrid Falkenstein ist waschechte Fischelnerin, das Elternhaus stand an der Marienstraße, und sie wohnt heute noch an der Marienstraße. „Ich bin sehr heimatverbunden“, sagt sie mit Überzeugung. Zu ihrer Jugendzeit in den 50er Jahren sei Fischeln ein Dorf gewesen. „Jeder kannte jeden.“ In ihrem schönen großen Garten findet sie die Muße und Kraft für ihre Passion. „Ich fahre nicht gerne in Urlaub. Das ist eher Stress für mich“, sagt Falkenstein. Sie ist lieber in vertrauter Umgebung. In ihrem Fischeln.

Dort engagiert sie sich im Caritas-Kreis von Maria Frieden, dem Zusammenschluss der einstigen fünf eigenständigen Pfarreien im Krefelder Süden – St. Clemens, St. Bonifatius in Stahldorf, St. Martin an der Ispelstraße, Herz Jesu an der Kölner Straße und St. Johann Baptist, gerade erst unter viel Protest geschlossen. Im Altenheim arbeitet sie seit 25 Jahren mit, ist im Bewohnerbeirat, organisiert und begleitet Ausflüge, erledigt die Einkäufe für das Montagscafé, ein Frühstück für Bedürftige. Falkenstein feiert in wenigen Tagen ihren 79. Geburtstag und immer noch arbeitet sie im Pfarrbüro – mittlerweile im 33. Jahr, aktuell stundenweise an drei Tagen in der Woche.

2009 ist sie in Rente gegangen und hat mal eben 14 weitere Jahre drangehängt. „Ich bin Anlaufstelle für viele Menschen in der Pfarre“, sagt sie. „Weil sie mich kennen, trauen sich die Menschen eher. Das hilft Ihnen und ist ein schönes Gefühl.“

„Ich habe viele Kapläne kommen und gehen sehen“

Ans Aufhören denkt Falkenstein mitnichten. Seit 62 Jahren arbeitet die zweifache Mutter. 1961 begann sie mit 17 Jahren am Amtsgericht Uerdingen, dort, wo auch ihre Mutter arbeitet. Zehn Jahre war sie im Sekretariat der Grundschule an der Kölner Straße, ehe sie 1990 im Pfarrbüro St. Clemens arbeitet. Drei Chefs hatte sie in diesen gut drei Jahrzehnten – Peter Harpenscheidt, Georg Weigel und nun im zwölften Jahr Frank-Peter Mertens.

„Ich habe viele Kapläne kommen und gehen sehen“, sagt Falkenstein. Früher sei Priester eine Respektperson gewesen. Das sei es heute kaum mehr. „Kapläne haben wir schon lange nicht mehr in der Pfarre.“ Dafür aber Ingrid Falkenstein, mit ihrem unverrückbaren Wertesystem. Die Kirche schließt sie morgens auf und abends zu und auch die Blumenkübel vor dem Gotteshaus liegen ihr sehr am Herzen. Neben all den Menschen, denen sie begegnet.