Folgen der Pandemie Kleingärten: Es gibt Wartelisten ohne Ende

Krefeld · In der Stadt Krefeld gibt es 57 Kleingartenvereine mit mehr als 4400 Mitgliedern. Doch aktuell könnten es auch sehr viel mehr sein. Grund dafür ist die Corona-Pandemie.

Ute Lickes, Vorsitzende des Gartenbauvereins Alt-Bockum, in ihrem eigenen kleinen Reich.

Foto: Bischof/Andreas Bischof

„Wir hatten in der ersten Corona-Phase rund 30 Anfragen nach freien Gärten pro Tag“, berichtet Nadine Kilders von der Geschäftsstelle des Stadtverbandes der Kleingärtner. Es gebe „Wartelisten ohne Ende“. Mittlerweile habe sich die Lage etwas beruhigt, die Zahl der Anfragen sei bei ihr auf drei bis vier pro Woche gesunken.

Nach Auskunft von Kilders gibt es jedoch Vereine mit 50 bis 60 Bewerbern auf der Liste. Man müsse eine regelrechte Bewerbung schreiben, um die Chance zu bekommen, eine der begehrten Parzellen pachten zu können. Die Vereine selbst seien für die Verpachtung zuständig und regelten dies nach bestimmten Kriterien. So seien zum Beispiel junge Familien mit Kindern sehr gerne gesehen. Sich für viel Geld einzukaufen, indem etwa die Laube dem alten Pächter deutlich über Marktwert abgenommen wird, sei nicht möglich.

Vor allem in der Shutdown-Phase war die Sehnsucht nach einem freien Stückchen Land groß. Denn dort kann man sich weitgehend ohne Ansteckungsgefahr im Freien aufhalten. In der eigenen Wohnung fiel dagegen vielen Familien die Decke auf der Kopf.

Auch der Umweltgedanke spielt eine wichtige Rolle

 „Es sind zur Zeit keine Gärten frei.“  So ist es schon auf der Internetseite des Gartenbauvereins Alt-Bockum gleich an mehreren Stellen zu lesen.  Tägliche Anfragen gibt es trotzdem. Ute Lickes, Vorsitzende des Vereins, spricht von einer Warteliste mit derzeit mehr als 60 Namen. „Und wir haben die Liste erst im Herbst des vergangenen Jahres angelegt.“

Eine starke Nachfrage habe der Verein mit seinen 71 Gärten, die in einem dreigeteilten Gelände liegen, schon immer gehabt. Doch durch Corona sei das nochmals extrem verstärkt worden.

Auch der Umweltgedanke spiele bei der Suche nach einer Kleingarten-Parzelle eine wichtige Rolle, berichtet die Vereinsvorsitzende: „Hier kann man sehen, wie es wächst.“ Ob Brombeeren oder Pfirsiche, Bohnen oder Erbsen, Wirsing oder Tomaten – der Besitzer eines Kleingartens könne sicher sein, immer alles frisch verarbeitet auf den Tisch zu bekommen.

 Auch junge Leute von unter 30 Jahren hätten längst ihr Herz für den Kleingarten entdeckt. „Die bringen teils ein anderes Bewusstsein mit. Ich finde das toll“, sagt Ute Lickes. Hügelbeete, Kompost, der Verzicht auf Kunstdünger – solche ökologisch-biologischen Methoden seien auf dem Vormarsch.

Auch die Vorsitzende selbst ist „mit Herz und Seele“ dabei: „Schon meine Eltern hatten diesen Kleingarten.“ Was sie derzeit allerdings betrübt: Der Gartenbauverein Alt-Bockum wollte am 8. August sein 100-jähriges Bestehen feiern – genau auf dem Jahrestag seiner Gründung. Doch die Feier musste aufs nächste Jahr veschoben werden – auch das ist eine Auswirkung von Corona.

„Es gibt verstärkte Anfragen. Doch bei uns sind alle 55 Gärten besetzt“, berichtet auch Alfred Alexander, ehemaliger Vorsitzender des Gartenbauvereins Dahlerdyk.

„Das habe ich in meiner langjährigen Vorstandsarbeit noch nicht erlebt. Ich könnte derzeit noch 20 Gärten neu vergeben“, erzählt Horst Görtz, Vorsitzender des Kleingartenvereins Immenhof. 135 davon gibt es auf der Anlage, die zu den größeren im Stadtgebiet gehört.

„Vor allem Familien mit Kindern suchen freie Parzellen“, berichtet er. Es gebe eine regelrechte Sehnsucht nach dem Grünen. Doch Gärten werden meist nur aus Altersgründen oder bei Sterbefällen frei. Selbst das „Stiefkind“ der Anlage, eine lange leer stehende Parzelle in der Nähe eines Stromverteilers der Stadtwerke, habe man deshalb jüngst verpachten können. Zuvor war eine Bodenplatte gegossen worden, denn ein Gartenhaus gab es dort bislang nicht.

Die Entscheidung, wer einen Kleingarten bekommt, falle im Vorstand nach einem persönlichen Gespräch mit dem Bewerber. Bestimmte Rechte und Pflichten müssten erfüllt werden: So darf die Laube nur maximal 24 Quadratmeter groß sein, 15 Prozent der Fläche der Parzelle müssen Nutzgarten sein.

Einen Kleingarten zu besitzen, ist nicht teuer. „Ich selbst habe eine Fläche von 450 Quadratmeter. Dafür habe ich im Vorjahr 229 Euro einschließlich Versicherung gezahlt. Hinzu kamen 33,70 Euro für Strom und Wasser“, erläutert Heinz Görtz. Und bekennt: „Ich habe Freude daran.“