Industrie in Krefeld Neue Industrie-Anlagen bereiten den Bürgern Sorgen

Krefeld · Lanxess und Cargill planen Neubauten auf ihrem Gelände. Umweltschützer und Anwohner melden Bedenken an.

Ein Luftbild des Geländes von Cargill: Dort soll eine Anlage unter anderem für Weizenlagerung und eine Mühle entstehen.

Foto: Cargill

Zwei große Unternehmen in Krefeld, Lanxess und Cargill, wollen neue Anlagen auf ihrem jeweiligen Gelände errichten. Das muss die Bezirksregierung genehmigen, vorher haben die Bürger die Möglichkeit, ihre Einwendungen einzureichen. In beiden Fällen gibt es eine ganze Reihe von Sorgen, wie am Donnerstag der Anhörungstermin mit Cargill zeigte.

Was ist geplant? Der Spezialchemie-Konzern Lanxess möchte eine Hydrieranlage am Standort in Uerdingen erneuern und erweitern. In einer Hydrieranlage finden Hydrierungen statt. Das sind Reaktionen, bei denen Wasserstoff an andere chemische Verbindungen gebunden wird. Die Hydrieranlage im Chempark besteht aus drei Teilen, in denen unterschiedliche Produkte hergestellt werden. Erweitert werden soll die Hexandiol-Anlage, um die weltweit steigende Nachfrage zu decken. Hexandiol wird in vielen Bereichen eingesetzt, zum Beispiel bei der Herstellung von wetterfesten Beschichtungen und Lacken.

Die geplante Anlage von Cargill umfasst die Weizenanlieferung und -lagerung, eine Weizenmühle, Nassseperation, Vitalkleber-Verarbeitung, Flüssigfutter-Verarbeitung, Stärke-Verarbeitung beziehungsweise Trocknung sowie Ver- und Entsorgungseinrichtungen. „Nach Inbetriebnahme der Weizenstärkeproduktion wird die bisherige Maisstärkeproduktion vollständig außer Betrieb genommen. Die Verarbeitungskapazität beträgt unverändert maximal 2200 Tonnen Rohstoff pro Tag“, erklärte Projektleiter Carsten Andreas. „Wir sind Arbeitgeber für 550 Angestellte und deren Familien.“ Mitte 2021 soll es fertig sein. Weiterhin wird betont, dass das Unternehmen die Weizenstärkeproduktion bereits an fünf Standorten betreibt, demnach Erfahrung besitze. Er erklärt, dass die moderne Anlage weniger Geruch und Lärm verursache und die Anlieferung per Schiff, Zug oder Lkw erfolgen wird.

Warum gibt es Proteste? Beim Lanxess-Projekt im Chemiepark haben vor allem Umweltschützer Bedenken. Der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) erhebt mehrere Vorwürfe. „Die Genehmigungsgrundlage ist dürftig“, sagt Angelika Horster von der Krefelder BUND-Gruppe. Die Ursprungsgenehmigung für die Hydrieranlage stamme noch aus dem Jahr 1909. Danach seien nur noch Änderungen der Nutzung genehmigt worden, sagt Horster. Bei der nun angestrebten Modernisierung beziehe sich Lanxess auf eine dieser Änderungen, nicht aber auf die ursprüngliche Genehmigung der Anlage. Zudem verbrauche der Betrieb viel Energie.

Für die Anwohner befürchtet Horster eine enorme Licht- und Lärmbelästigung. Mit einer Fackel solle überschüssiges Gas in der Produktion abgebrannt werden, sagt Horster. „Die kann sehr laut und hell sein.“ Nicht nur die Anlage selber, sondern auch das produzierte Produkt stört die Naturschützerin. Selbst wenn Lanxess das Hexandiol für besonders beständige Lacke nutze, gebe es auch bei diesem Abrieb, sagt Horster. Dabei gelange Mikroplastik in die Umwelt. Das haben Wissenschaftler sogar in der Arktis nachgewiesen.

Mit Blick auf Cargill befürchtet Horster größere Verkehrsaufkommen. Sie bemängelt, dass die Schallprognose unzureichend und mit vollständigen und aktuellen Angaben vorzulegen sei. „Der Lärmpegel an der Düsseldorfer Straße ist bereits sehr hoch, es ist keine Zusatzbelastung mehr möglich. Außerdem können geplante Verkehrsmaßnahmen der Stadt nicht im Vorhinein angerechnet werden, da ihre Umsetzung ungewiss ist. Denn: Das Verfahren läuft jetzt.“ Die Straßen in der Umgebung seien bereits heute mit Lkw-Verkehr ausgelastet und nicht ausgelegt für Unternehmen mit so viel Verkehr. Häufig komme es zu Staus an der Kreuzung Hafenstraße, wenn die Hafenbahn die Fahrbahn quert. Außerdem möchte Horster wissen, was geschieht, wenn der Rhein wegen Niedrigwasser nicht befahrbar sei.

Was ist der aktuelle Stand? Lanxess liegt zwischenzeitlich ein Bescheid der Bezirksregierung vor, der einen vorzeitigen Baubeginn ermöglicht. Das Unternehmen hält sich zum weiteren Fortgang zwar bedeckt, doch der Hinweis ist eindeutig. Die endgültige Baugenehmigung wird wohl folgen.

Zu den Cargill-Plänen wird es einen weiteren Erörterungstermin am 19. Dezember geben, da es einen Verfahrensfehler in Krefeld gegeben hat. Die Pläne für das Vorhaben werden erneut zwischen dem 4. Oktober und 4. November an der Parkstraße einzusehen sein. Die Einwendungsfrist läuft am 4. Dezember aus.

Was sagen die Firmen? Lanxess wehrt sich bei der Hydrieranlage gegen die Einwände. Zweifeln an früheren Genehmigungen tritt ein Sprecher des Unternehmens entgegen. „Die Grundgenehmigungen sind vorhanden und liegen sowohl der Bezirksregierung als auch Lanxess vor.“ Kritik am Produkt, das in der Hydrieranlage hergestellt wird, weist er zurück: „Hexandiol ist Teil einer Lösung und kein Problem.“ Auf Hexandiol basierende Beschichtungen von Rotorblättern würden beispielsweise dafür sorgen, dass sich die Widerstandfähigkeit und somit Lebensdauer von Windrädern erhöht. In Sachen Licht- und Lärmbelästigung müssen sich weder Anwohner noch Umweltschützer Sorgen machen, heißt es bei Lanxess. Eine Lärmschutzwand sei geplant, sagt der Unternehmenssprecher. Die Fackel zur Verbrennung von Gas sei zudem bodennah und damit „nicht wahrnehmbar“. Bei der Kritik am hohen Energieverbrauch verweist Lanxess auf die generelle Unternehmensstrategie: Ziel sei eine hohe Energieeffizienz, alleine schon um Kosten zu sparen.

Zur Sorge um weiteren Lastverkehr im Umfeld von Cargill gab es am Donnerstag folgende Antwort: „Bisher konnten unsere Transporte per Zug oder Schiff stattfinden. Sollte es zu noch schlimmeren Trockenzeiten kommen, können wir sie durch eine Kapazitätspufferung ausgleichen.“