Fahrzeug Neues Zuhause für Feuerwehr-Oldtimer Franziska gesucht
Ein Verein benötigt eine Unterkunft für das Feuerwehrfahrzeug aus dem Jahr 1952.
Am 10. Januar 1953 ist „sie“ zu ihrem Namen gekommen: Ein stolzer Maschinist nahm seine Frau Franziska mit auf eine Runde über den Hof der ehemaligen Krefelder Hauptfeuerwache an der Florastraße. Nach der Frau des Maschinisten ist ein schicker roter Oldtimer benannt worden, der über Jahrzehnte im Einsatz war: Es geht um ein Drehleiterfahrzeug der Feuerwehr aus Blech und Holz, Baujahr 1952, Kennzeichen: L5000F. Das F steht für Feuerwehr, erklärt Ulf Tabbert. Selbst Feuerwehrleute, die das Fahrzeug nur von Bildern kennen, können auch heute noch mit dem Namen etwas anfangen.
Wer dem 69-Jährigen nur ein paar Minuten zuhört, wird schnell merken: Er hat zumindest einen Teil seines Herzens an Franziska verloren. Tabbert war selber mehr als drei Jahrzehnte für die Krefelder Feuerwehr im Einsatz, bis er 60 war. Älter dürfe man bei der Feuerwehr halt nicht werden, das wäre dann „betreutes Retten“.
Für die zehn Tonnen schwere Franziska suche man nun eine neue Unterkunft. Jahrelang habe man sie kostenlos unterstellen können, das sei nun nicht mehr möglich, erklärt Tabbert. Er und die insgesamt 26 Mitstreiter des Vereins „zur Erhaltung historischer Einsatzfahrzeuge Krefeld“ - darunter auch Ex-Feuerwehr-Chefs, Feuerwehrleute und Polizisten kümmern sich um „Franziska“. Vorsitzender ist der ehemalige leitende Polizeidirektor Dagobert Allhorn. Das Fahrzeug sei Anfang der 90er Jahre davor bewahrt worden, an ein Museum in Fulda gegeben zu werden. Nun sucht der Verein nach einer neuen Unterkunft für den Oldtimer, den Tabbert auch gerne „die alte Dame“ nennt.
Die mögliche neue Unterkunft müsse kostenfrei oder -günstig sein. Der Verein, der neben dem Fahrzeug mit der 30 Meter langen Drehleiter auch andere Oldtimer versorgt, finanziere sich aus Spenden und Mitgliedsbeiträgen. Teilweise würden die Mitglieder — die sich „Franziskaner“ nennen — auch tiefer in die eigene Tasche greifen, um die Fahrzeuge ertüchtigen zu können.
Nach einem ersten Aufruf habe sich zwar ein Spediteur mit einer „Übergangsunterkunft“ gemeldet, aber es brauche einen festen Platz für Franziska, der auch Raum bietet, um Reparaturen durchführen zu können. Dafür brauche es auch Strom, den der Verein anteilsmäßig übernehmen würde. Außerdem brauche es einen Zugang zu Wasser, um den Oldtimer waschen zu können. Die neue Unterkunft müsse dicht und trocken sein. Denn die „alte Dame“ bestehe vor allem aus Holz, nur die Verkleidung sei aus Blech und der Rahmen aus Metall. Alle Karosserieteile, die Fahrerkabine und sämtliche sogenannten Gerätefächer für die Einsatzmaterialien seien in den 50ern aus Holz gefertigt worden. Damals habe man als Karosseriebauer noch Tischler sein müssen.
Dramatischer Einsatz hätte Ulf Tabbert das Leben kosten können
Innerhalb eines Quadratmeters entdecke Tabbert heute auf Anhieb 15 Baustellen an Franziska, die sofort angegangen werden müssten. Einiges könne der Verein selber ausbessern, manchmal müssten aber auch Oldtimer-Experten beauftragt werden. Zuletzt habe Tabbert einen neuen Dieselfilter eingebaut. Nach dem dritten Versuch habe sie wieder geknattert wie gewohnt. Das sei ein „richtiges Glücksgefühl“, wenn „sie mit einem spricht“. Als der Oldtimer 1953 in den Dienst der Krefelder Feuerwehr gestellt wurde, sei der Daimler-Benz-Diesel das modernste Feuerwehrdrehleiterfahrzeug Europas gewesen.
Franziska würden vor allem zwei Besonderheiten auszeichnen. Erstens: Die Drehleiter funktioniere komplett mechanisch und habe eine sogenannte „Niveauregulierung“. Eine Eisenkugel und Kettenzüge sorgen dafür, dass die Drehleiter immer senkrecht steht, auch wenn das Fahrzeug in Schräglage geparkt wurde. Außerdem sei die 30 Meter lange Drehleiter schneller komplett ausgefahren, als bei modernen Feuerwehrfahrzeugen, erklärt Tabbert. Ein eingespieltes Zwei-Mann-Team brauche dafür nur 28 bis 32 Sekunden. Das liege aber auch an den Sicherheitstechniken, die heute verwendet werden. Noch bis Anfang der 80er-Jahre sei Franziska noch in Krefeld bei Brandereignissen im Einsatz gewesen.
Beim letzten Einsatz habe das Fahrzeug als „Beleuchtungsmast“ gedient. Damals habe es einen dramatischen Brand bei einer Lagerhalle an der Gutenbergstraße gegeben, erinnert sich Tabbert. „Ich wollte immer an der Front sein“, sagt der 69 Jahre alte Oberbrandmeister im Ruhestand heute. Damals hätte ihn das fast das Leben gekostet: In der Halle hätten noch versteckte Glutnester in Furnierstapeln abgelöscht werden müssen, von außen habe man die aber kaum erkennen können. Die Sekretärin des betroffenen Unternehmens habe zwischendurch zu einer kleinen Pause geladen. Kurz danach sei in dem Bereich, wo Tabbert und seine Kollegen zuvor noch gestanden hatten, das Dach heruntergekommen. Hölzerne Querträger hatten sich gelöst, obwohl sie von außen noch stabil aussahen, erklärt Tabbert. Die Brandstellen-Arbeit habe erst 24 Stunden später beendet werden können.
Ganz so dramatisch sind seine Einsätze mit Franziska heute aber nicht mehr. Es geht nicht mehr darum, Menschen vor Bränden zu beschützen. Heute soll der Oldtimer vor allem Freude bereiten. Franziska kann zum Beispiel gegen eine Spende als Hingucker und Transportmittel für Hochzeiten gebucht werden. Dann und bei anderen Gelegenheiten sorge eine Glockenschale für einen hell klingenden Signalton, der auch bei Passanten für freudige Gesichter sorge.