Medizinische Versorgung Herzstiftung wirbt dafür, bei Frauen genauer hinzusehen
Am 8. März wird der Internationale Frauentag begangen. Initiiert 1910 von der deutschen Sozialistin Clara Zetikin, wurde er ein Jahr später in mehreren Ländern gefeiert, um die Gleichberechtigung, das Wahlrecht für Frauen und die Emanzipation von Arbeiterinnen zu fordern.
Prof. Tobias Zekorn, Vorsitzender des „Fördervereins und Stiftung Herzchirurgie und Kardiologie Krefeld“, nimmt den gesellschaftspolitischen Tag zum Anlass, um Mediziner ebenso wie Laien für die Gendermedizin zu sensibilisieren. „Herzerkrankungen können bei Frauen andere Beschwerden verursachen als bei Männern“, sagt Zekorn. Würden die bei einem Herzinfarkt nicht rechtzeitig erkannt, verringerten sich die Überlebenschancen. Und das sei nicht der einzige Unterschied: Frauen sind anders als Männer.
„Erleidet ein Mann einen Herzinfarkt, so zeigen sich die typischen Symptome wie starke Schmerzen und Druck in der linken Brust beziehungsweise hinter dem Brustbein, die in die Schulter und den linken Arm ausstrahlen“, erklärt Zekorn. Frauen hingegen leiden zuvor unter Übelkeit, Rückenschmerzen, Schmerzen im Oberbauch, unerklärliche Müdigkeit wie auch Kurzatmigkeit und Atemnot. „Die akute Gefahr wird in solchen Situationen in Familien oft noch nicht wahrgenommen und dadurch geht wichtige Zeit verloren bei der medizinischen Versorgung“, ergänzt Wolfgang Gabbert, zweiter Vorsitzender und Schatzmeister der Stiftung.
Jede verlorene Minute verringert die Überlebenschancen
Zekorn zitiert aus einer neuen Studie zur Reanimation durch Laien bei einem Herz-Kreislauf-Stillstand. 420 000 Fälle von Herzstillstand seien bei der Langzeitstudie zugrunde gelegt worden, in 40 Prozent hätten Laien reanimiert, ob mit Herzdruckmassage oder mit Defibrillator. „Ein Unterschied zwischen Laien und professionellen Ersthelfern war nicht festzustellen“, so Zekorn. „Das Schlimmste in einem Notfall ist, nichts zu machen, man kann nichts falsch machen“, fügt Gabbert Mut machend hinzu.
Falsch sei es jedoch, zu zögern. Jede Minute zählt. Schon nach wenigen Sekunden führt Sauerstoffmangel im Gehirn zur Bewusstlosigkeit, nach etwa acht Minuten sei es unwiderruflich geschädigt. Mehr als zehn Minuten Sauerstoffmangel überlebt das Gehirn in der Regel nicht. „Laut Studie stiegen die Chancen für Männer auf einen akzeptablen neurologischen Zustand durch eine Reanimation von 5,9 auf 12,9 Prozent; bei Frauen von fünf auf acht Prozent“, zitiert Zekorn.
Den Unterschied begründet er mit einem späteren Einsetzen der Wiederbelebung: durch das Nichterkennen der Symptome, Zögern beim Anruf des Notarztes wie auch möglichen Hemmungen, eine Frau körperlich anzufassen, um bei Bewusstlosigkeit mit der Herzdruckmassage zu beginnen.
Die Herzstiftung rät Bürgern, ihre meist vor vielen Jahren erworbenen Erste-Hilfe-Kenntnisse zum Erwerb des Führerscheins aufzufrischen. Ihren Mitgliedern bietet sie ein Verhaltenstraining im kardialen Notfall an. Gleichzeitig setzt sich der Förderverein für die Anschaffung von Defibrillatoren und den richtigen Umgang damit ein, unter anderem in Schulen. „Gerade wird das Fabritianum in Krefeld und eine Schule in Neukirchen-Vluyn mit einem Gerät ausgestattet“, erzählt Gabbert. Nicht nur für mögliche Notfälle im Sportunterricht, sondern auch für das Lehrerkollegium und Mitarbeiter. „Es ist erschreckend zu wissen, dass Defibrillatoren in Schulen keine Pflicht sind“, so Gabbert.
Doch es gebe nicht nur beim Herzinfarkt signifikante Unterschiede zwischen Mann und Frau. Auch die kardiovaskulären Risikofaktoren unterscheiden sich danach laut Zekorn je nach Geschlecht. So sind ein hoher systolischer Blutdruck und Bluthochdruck, Rauchen sowie Diabetes mit einem siebenfach höheren Herzinfarktrisiko für Frauen verknüpft als für Männer. Auch können Wirkungen und Nebenwirkungen von Medikamenten je nach Geschlecht variieren.
Zum Internationalen Frauentag gehört somit auch, die Medizin anzupassen an die unterschiedlichen Bedürfnisse.