Alte Post: Die Suche nach dem Wesen der Bewegung

Die Entwicklung des Bildhauers Hans Joachim Albrecht über Jahrzehnte wird anhand seiner Lieblingsstücke erkennbar.

Krefeld. Künstlergeburtstage sind oft Anlass zu Retrospektiven. Im Fall von Hans Joachim Albrecht setzt sich die Ausstellung zu seinem 75. Geburtstag aus Lieblingsstücken zusammen. Die 22 Skulpturen, die unter dem selbstbewussten Titel „Unverkennbar-Unverzichtbar“ in der Alten Post zu sehen sind (die WZ berichtete), hat der Künstler vor einigen Jahren für seine Stiftung ausgewählt.

An den Werken lässt sich zugleich seine künstlerische Entwicklung über vier Jahrzehnte ablesen. Der helle Raum mit den großen Bogenfenstern ist für die Präsentation der Skulpturen wie geschaffen. Zugleich ist dieser Ort dem Künstler bestens vertraut. Hier hat er bereits 1998 nach einem Forschungssemester seine Arbeiten gezeigt. Zugleich setzt der Verein Kunst und Krefeld, der das Gebäude zu seinem neuen Standort machen möchte, ein Zeichen für den Neubeginn.

Der Rundgang durch die Ausstellung fordert den Betrachter intensiv heraus, denn Albrecht hat die Skulpturen bewusst nicht chronologisch platziert. Trotzdem fällt die älteste Arbeit direkt ins Auge. Es ist eine „Kleine seitlich Liegende“ von 1964 aus grauem Steinguss. Trotz der deutlich erkennbaren figürlichen Linienführung, wird auch die formale Reduktion sichtbar.

Weitere Arbeiten zeigen eine zunehmend radikalere Auseinandersetzung mit menschlichen Proportionen. Da werden Körperhälften in sogenannten Abwicklungen aufgeklappt und aneinandergereiht, Profile ineinander verschoben; da wird mit Flächen und Linien experimentiert.

Innere Spannung und äußere Ruhe kennzeichnen viele der Skulpturen, deren Material von großem ästhetischem Reiz ist. Sandstein, Granit oder Marmor, auch Holz, ab den 80er Jahren zunehmend Stahl, dienen dem Bildhauer als Basis, der er oft mit scheinbar minimalistischen Mitteln Leben einhaucht.

Das Betrachten dieser Formen erfordert hohe Konzentration. Selbst dann wird das Auge nicht jede Körperlinie nachvollziehen können. Doch gerade in dieser radikalen Reduktion werden das große Wissen und die Auseinandersetzung mit menschlichen Proportionen spürbar, denen Albrecht seit Jahrzehnten Ausdruck verleiht.

Sein Interesse für Bewegung und den Tanz lässt sich besonders schön an den Stahlskulpturen ablesen. Ihre aus schmalen flächigen Teilen zusammengefügten Formen geben einfache Bewegungen wie die Stellung eines Armes zum Kopf wieder. Darüber hinaus kennzeichnet sie eine elegante Leichtigkeit, in der das Wesen des Tanzes zum Ausdruck kommt — die, wenn auch nur für einen Moment, geglückte Überwindung der Schwerkraft.

Steinstraße 7. Mi.-Fr., 15-18 Uhr; So.,11-15 Uhr. Bis 17. November.