Der neue Chef der Hexenküche
Andreas Lessenich (36) wird Nachfolger von „Fongi“ Holthoff – das Ende einer Ära.
Krefeld. Ein Führungswechsel ist oft Anlass für große Worte, selbstbewusste Bekundungen und vollmundige Versprechen. Nicht so beim Jazzklub. Entspannt, offen, beinahe improvisiert klingt es, wenn Günter Holthoff und Andreas Lessenich die Veränderungen im kreativen Zentrum des Vereins verkünden. "Von einem Bruch kann man nicht sprechen", sagt Lessenich. "Eher von einem fließenden Übergang."
Stück für Stück übernimmt der 36-Jährige Lessenich vom 73-jährigen Holthoff die künstlerische Leitung des Jazzklubs. Auch wenn beide tief stapeln - das ist eigentlich eine Revolution, das Ende einer Ära.
Mehr als vier Jahrzehnte lang war "Fongi", wie Holthoff in ganz Krefeld genannt wird, der Motor der hiesigen Jazzszene. Er brachte, wie es in einem Flyer des Jazzkellers heißt, "freie Spielformen, die dem Publikum meist unverständlich blieben", nach Krefeld. Der Keller an der Lohstraße war bald als "Hexenküche des Free Jazz" verschrieen. "Der Jazzkeller stand nie für Mainstream", sagt auch Nachfolger Lessenich.
Gleichwohl hat der Jazzklub, wie fast alle Vereine, Probleme mit dem Nachwuchs. "Der Altersschnitt bei unseren Konzerten ist ziemlich hoch", sagt Holthoff. Hier soll der rund 40 Jahre jüngere passionierte Saxofonist Lessenich Abhilfe schaffen. "Wir wollen zunehmend Bands aus aktuellen Strömungen einladen", sagt er. Für den Herbst hat er sich zunächst die junge norwegische Szene vorgenommen, mit Hakon Kornstad am 5. Oktober in der Mennonitenkirche (gemeinsam mit dem Neuseeländer Hayden Chisholm) und der Gruppe Motif am 9. November im Theater.
Seit zwölf Jahren ist Lessenich Mitglied im Jazzklub - nun übernimmt er eine stärkere Verantwortung. Leicht wird das nicht, denn es kostet viel Zeit, die Masse an musikalischen Angeboten zu sichten, die der Jazzklub Tag für Tag erhält. Und anders als Pensionär Holthoff steht Lessenich mitten im Berufsleben: Er führt mit seinem Bruder ein Spielzeuggeschäft in St. Tönis. "Ich weiß, dass viel Arbeit auf mich zukommt", sagt er. "Aber ich weiß auch, dass es Spaß macht."
Holthoff wiederum bleibt zunächst an Lessenichs Seite, will sich aber "langsam zurückziehen", wie er sagt. "Bisher bekam man immer CDs zugeschickt, um Musiker kennenzulernen", erzählt der 73-Jährige. "Jetzt gibt es dafür Plattformen im Internet. Da merkt man, dass man so langsam ausgezählt ist."