Düstere Auststellung: Der Mensch hat sich selbst begraben

Düstere Industrieansichten in der Galerie Prettyland.

Krefeld. Fast könnten es Postkartenmotive sein: die Stadt von oben, der Hafen mit Schiffen, die Straße am Fluss. Doch wer wollte dort Urlaub machen oder leben? In einer Welt, die sich zu Tode industrialisiert hat, die im eigenen Grau versinkt, unter deren segensreichem Wirtschaftsaufschwung der Mensch sich selbst begraben hat?

Ob der chinesische Maler Luo Ling seine eindrucksvollen Industrieansichten, die ab heute in der Galerie Prettyland zu sehen sind, wirklich so gesellschaftskritisch meint, ist nicht überliefert.

Die Zensur des allmächtiges Staates hat ihn jedenfalls in Frieden gelassen. Galerist Lutz Schütt erstaunt das wenig: „Die Kunst ist relativ unbehelligt, so lange der Künstler nicht selbst politisch aktiv wird.“ Siehe Ai Wei Wei, doch das ist eine andere Geschichte.

Luo Ling, Jahrgang 1974, malt chinesische Städte, Häfen, Industriegebiete. Seine Ölbilder sind grau, schwarz und braun, selbst die Andeutung von Sonnenlicht ist nur ein schmutziger gelber Schimmer. Gebäude, die weiter entfernt liegen, verschwimmen im Dunst, die Flüsse sind eine einzige Brühe. Wo es besonders dreckig wird, bildet der Maler trostlose Haufen aus Farbe, beinahe greifbar für den Betrachter.

In diesen Städten, deren Namen die meisten Europäer nie im Leben gehört haben, wohnen vermutlich Millionen von Chinesen. Sie müssen irgendwo dort sein, schließlich rauchen die Schornsteine, die Schiffe fahren übers Wasser. Doch bei Luo Ling ist nirgends eine Menschenseele zu sehen. Die Leere ist gespenstisch, alles Leben verschwunden.

So handeln diese Bilder paradoxerweise vor allem von dem, was in ihnen fehlt: die natürliche Umwelt, die menschliche Existenz, Sonne, Helligkeit, Wärme, Licht. Selbst Kunst und Gestaltungskraft, die das Fehlen teilweise kompensieren könnten, sucht man vergebens.

Die Industriebauten, die Luo Ling malt, sind gesichtslos und hässlich, von Architektur mag man kaum reden. Einzig die Schiffe haben eine ästhetischen Reiz, doch vielleicht liegt das nur unserer romantischen europäischen Vorstellung von Schiffen. Diese hier stinken vermutlich bestialisch.

Dass die Bilder trotz ihrer Fremdheit nicht fern wirken, mag an der Nähe zum Ruhrpott liegen. Die Fotos der Schlote und ihre zur Industriekultur mutierten Überbleibsel hat jeder vor Augen. Bloß hat der Mensch hier irgendwann die Kurve gekriegt.