Musik Van Krückers musikalische Entdeckungsreise
Krefeld · Statt dem Serenaden-Konzert in Linn am 20. November – das wegen des Lockdowns ausfallen muss – stellen wir die neue CD des Krefelder Pianisten Michael van Krücker vor.
Am 20. November hätte der Krefelder Pianist Michael van Krücker eigentlich gemeinsam mit seiner Duo-Partnerin Alexandra Sostmann einen Klavierabend im Rahmen der Serenaden-Konzerte gegeben. Doch aufgrund des November-Lockdowns, der vor allem auch die Kultur, so etwa auch Konzerte, trifft, wird der Rittersaal zu Linn in diesem Monat still bleiben müssen. Außer, vielleicht einem leisen Knarren, des sich temperaturbedingt zusammenziehenden Holzes zumindest, wird es sehr wenig dort zu hören geben; schon gar keine Klaviermusik. Nur ein eher schwacher Trost ist die Ankündigung, nachzulesen auf der Webseite der Stadt, dass das Konzert voraussichtlich in der Saison 2021/22 nachgeholt werde.
Doch es gibt Alternativen – gerade auch in der Musik altbewährte, mit denen man zugleich die Musik überall und vor allem mit nach Hause nehmend hören kann und mit denen man zeitgleich die Künstler unterstützen kann. Vor allem zu Lockdown-Zeiten eine gute Idee. Nun, die gute alte Tonaufnahme, die CD.
Uns ist jüngst mehr per Zufall Nachricht über eine besondere Aufnahme zu Ohren gekommen, die sehr schön als „kleiner“ Ersatz für das Konzert dienen kann. Allerdings nicht, weil man dort van Krücker im Duo erleben würde oder gar weil die Werke die gleichen wären, die auch in der Serenade erklungen sind; sondern weil man viel über van Krücker, den Krefelder – hier durchaus auch als Klavierlehrer bekannt – lernen kann, wenn man sich diese neue Aufnahme zu Gemüte führt.
Van Krücker gräbt
eher Vergessenes aus
Denn der Pianist geht sehr gerne auf Entdeckungsreise, gräbt eher Vergessenes aus, um es für sich und das Publikum zu entdecken. So jüngst, wenngleich die CD zwar nun erschienen ist, indes schon 2017 aufgenommen wurde, Schumann. Nicht Robert, sondern Georg Schumann, und mit ersterem berühmten Namensvetter nicht verwandt, ist geboren 1866 in Königstein, gestorben 1952 in Berlin und war langjähriger Direktor der Sing-Akademie zu Berlin und Kompositionsprofessor.
Van Krücker hat für CPO in Kooperation mit Deutschlandfunk Kultur Klavierwerke des Komponisten aufgenommen, darunter etwa die frühen „Drei Stücke“ Op. 1, „Stimmungsbilder“ Op. 2, aber auch die „Sechs Fantasien“ Op. 36 aus 1904 und „Drei Stücke“ Op. 23. Unbekannte Werke. Dazu muss man wissen, dass es seit längerem Mode geworden ist, auch unbekannten Komponisten und ihrem Schaffen einen Platz zuzugestehen, und dass derartige Entdeckungen bisweilen sehr positive Überraschungen mit sich bringen können.
Georg Schumann war ein eher konservativer Komponist
Wie ist das in unserem Fall? Georg Schumann, im Gegensatz zu Robert, war gewiss kein Erneuerer oder ein vor innovativer Schöpferkraft strotzender feuriger Komponisten-Held. Das muss man auch nicht sein. Seine Klaviermusik klingt, selbst in Werken, die um die Jahrhundertwende entstanden sind, durchdrungen von einem nostalgisch etwas abgenutzt wirkenden romantischen Duktus. Konservativ im reineren Sinne, also bewahrend. Ganz wenig scheint nur selten ein überraschender Funke durch die sanften Linien etwa von „Sechs Fantasien“. So etwa wie der Hauch eines impressionistischen Duftes, der dann doch aus Frankreich hinüberweht.
Doch hier sind Brahms und der andere, der Robert, Schumann durchweg die tüchtig mitgedachten Lehrmeister eines leidenschaftlichen, aber doch der Vergangenheit nachtrauernden Komponisten. Sehr sensibel mit viel Gefühl für Charakteristik interpretiert van Krücker, diese Musik, die bisweilen zum Träumen, im Geiste verweilen einlädt. Doch so banal ist das nicht – deutlich spürt man, dass dieser Schumann eben nicht 1860 komponiert hatte, sondern Ende der 60er geboren wurde.
Die Musik, die diese Aufnahme in sich vereint, sind intime Leckerbissen für den Hausgebrauch. Deshalb erfordern die Genre-Stücke auch kein Virtuosen-Getue. Etwas, was van Krücker auch fernzuliegen scheint. So legt zumindest diese Aufnahme Zeugnis von einem sehr auf Stimmungen und Atmosphären bedachten Pianisten ab. Dunkel-gülden-schimmernd der Anschlag, mit sanften Glanzlichtern – wirklich aufregend ist das aber weniger. Kurz: die Dosis macht es.