Kultur Kammerkonzert: Musik lenkt den Pinsel bei Malerei

Kammerkonzert bietet eine Performance mit Musik, Gesang und gestischer Malerei.

Foto: Dirk Jochmann

Krefeld. Eine ungewöhnliche Kulisse war am Sonntagvormittag für das Kammerkonzert im Theaterfoyer aufgebaut: Drei Leinwände sind an der Stirnwand des Saals platziert, die Wand dahinter sowie der Teppichboden davor gewissenhaft abgedeckt und drei Tische mit Farbeimern und Pinselsortimenten dazu gestellt. Der Konzertraum wird für die Künstlerin Marlene Dammers zum Atelier. „Klangfarben — Eine Performance mit Musik, Gesang und gestischer Malerei“ erwartet das Publikum.

Drei Leinwände — drei Musikstücke — ganz logisch. Vier Mitglieder der Niederrheinischen Sinfoniker, Fabian Kircher und Anna Maria Brodka (Violine), Natascha Krumik (Viola) und Silke Frantz (Violoncello) beginnen das Programm mit dem Quartettsatz c-Moll (D 703) von Franz Schubert. Im gleichen Tempo, wie das Quartett seine musikalischen Linien zu Gehör bringt, setzt die Künstlerin mit kleinen gelben Zacken ihre Wahrnehmung vom Beginn des Allegro assai mit seinen kurzen Noten um.

Das langsamere Thema des Musikstücks spiegelt sich in schwungvollen größeren roten Bögen wider. Lange Töne — lange Striche; sie wählt dunklere Farben für ihre gestische Malerei, als Bratsche und Cello den Ton angeben. Doch bald fallen deutliche Inkonsequenzen — oder eben die Unterschiede in der individuellen Wahrnehmung — auf. Als alle Streicher in den hohen Tönen unterwegs sind, kniet sie sich hin und malt am unteren Bildrand.

Damit drängt sich die Frage für den Betrachter und Konzertbesucher auf, ob man die Musik ebenfalls mit diesen Farben und Linien umgesetzt hätte oder ob die Klänge ganz andere Vorstellungen ausgelöst hätten. Man ist hin und her gerissen zwischen den Anregungen aus der Musik, die teilweise auch schon zum Meditieren einladen, und den Ergebnissen auf der Leinwand, wenn sie dem eigenen Empfinden deutlich widersprechen.

Die Unbeschwertheit der Fünf Stücke für zwei Violinen und Klavier (Zeynep Artun-Kircher als Gast am Flügel) von Dimitri Schostakowitsch korrespondiert nicht unbedingt mit den düsteren Farben, die wohl nach kompositorischer Ausgewogenheit auf der Leinwand landen.

Noch konkreter werden die Vorgaben für die Malerin bei den Liedern von Felix Mendelssohn-Bartholdy, die Aribert Reimann für Sopran und Streichquartett bearbeitet und durch sechs Intermezzi verbunden hat. In schönster Interpretation versetzt die Sopranistin Sophie Witte die Zuhörer in die Gedankenwelt der Romantik. Sie beginnt mit „Leise zieht durch mein Gemüt ein leises Frühlingslied“. Was entsteht dabei auf der dritten Leinwand? Schwarze Striche! So viel Pessimismus im lichtdurchfluteten Theaterfoyer?

Die Idee, auf diese Weise Klangfarben ebenso mit Pinsel und Farbe umzusetzen, ist auf alle Fälle eine gute gewesen. Die Ausführung konnte jedoch arg den Musikgenuss schmälern, aber es gab ja auch die Möglichkeit, der hervorragend vorgetragenen Musik uneingeschränkte Aufmerksamkeit zu geben.

Gisela Bertram, Besucherin