Konzert zur Deutschen Einheit: Kraftvoll in Wort und Musik
In Erinnerung an das „großartigste Erlebnis“ der Einheit appelliert Gregor Kathstede an Hilfsbereitschaft und Toleranz.
Krefeld. Traditionsgemäß leitet Oberbürgermeister Gregor Kathstede das Konzert zum Tag der Deutschen Einheit mit einer Festrede ein, so auch am vergangenen Freitag. Im gut besuchten Seidenweberhaus hob er einige Fakten aus dem Jahresbericht der Bundesregierung zum Stand der Deutschen Einheit 2014 hervor. Unterschiedliche Sichtweisen in Ost und West auf die Wiedervereinigung stellte er heraus.
„Über 70 Prozent der Ostbürger glauben, dass die Wiedervereinigung Vorteile gebracht hat. Über 70 Prozent der Westbürger sehen darin Nachteile“. „Geht es uns immer nur um unseren materiellen Vorteil?“, fragte der Oberbürgermeister. „Stehen keine anderen Wertmaßstäbe mehr zur Verfügung?“ Für seine Aussage „Die Wiedervereinigung ist eines der großartigsten Erlebnisse in unserer Biografie“ erntete er spontanen Applaus.
Kathstede wies darauf hin, dass die Unterschiede zwischen Ost und West außerhalb von Deutschland keinen Menschen interessieren würden. Durch die Medien seien wir mit den großen Problemen der Welt ständig verbunden. „Raushalten funktioniert nicht!“ In 17 Krisenherden weltweit seien Deutsche und auch Krefelder im Einsatz. Für die Zukunft äußerte er den Wunsch: „Toleranz und Hilfsbereitschaft sollen die wichtigsten Werte in Krefeld bleiben.“
Konkrete Hilfsbereitschaft bedeutete an diesem Abend auch die Tatsache, dass ein Teil der Einnahmen aus den Eintrittsgeldern als Spende an den Blinden-Fürsorgeverein Krefeld und den Blinden- und Sehbehindertenverein Krefeld gehen.
Ein durchaus politisches Musikprogramm hatte Generalmusikdirektor Mihkel Kütson zusammengestellt. Mit Ludwig van Beethovens Ouvertüre zu „Egmont“ wurde der Freiheitskampf der spanischen Niederlande von der spanischen Krone im 16. Jahrhundert thematisiert. Seine dritte Sinfonie, die „Eroica“, wollte Beethoven ursprünglich Napoleon widmen, zum einen aus einer gewissen Verehrung, zum anderen, um ihn als potenziellen Auftraggeber für sich einzunehmen. Doch als sich der erfolgreiche Feldherr selber zum Kaiser krönte, vernichtete Beethoven die Widmung auf dem Titelblatt der Partitur und widmete sie dem Heldentum im Allgemeinen.
Mit ihrem kraftvollen Spiel arbeiteten die Niederrheinischen Sinfoniker unter der Leitung von Kütson das Würdevolle der Musik, von repräsentativen Elementen und Aspekten der Trauer, aber auch lyrische Klänge heraus, und ernteten für ihre Interpretation Bravorufe. Der begeisterte Applaus konnte sich nicht in der üblichen Weise entfalten, denn am Ende wurde gemeinsam die Nationalhymne gesungen.