Krefelder Manuskripte: Gedichte ohne Großbuchstaben

Am Freitag Abend wurde das Blatt von einigen Beiträgern in der Fabrik Heeder vorgestellt.

Krefeld. Das Papier raschelt, die Augen fliegen über die Zeilen: Literaturhungrige halten frisches Futter in den Händen. Denn es gibt ein neues Blatt mit dem Titel "krefelder manuskripte 2008". Am Freitag Abend wurde es von einigen Beiträgern in der Fabrik Heeder vorgestellt.

Herbert Sleegers, pensionierter Lehrer, stellte vier seiner Mitstreiter vor, die aus ganz verschiedenen Werken lasen. Manches aus den Manuskripten, manches aus veröffentlichten Büchern. Die der "Andere Buchladen"im Foyer feilbot. Den Anfang machte Liesel Willems, von der es schon zehn Bücher gibt. Gedichte, Skizzen, kurze Betrachtungen von ihr sind in den Manuskripten enthalten. Anrührend ihre kleine Betrachtung zu Enkelkind Lena Marie.

Viktoria Lösches Gedichte haben alle keine Großbuchstaben - was man natürlich nicht hört. Man hört, dass sie ihre Umwelt genau betrachtet, die Natur liebt. Und man hört ihre reiche Fantasie, wenn sie aus einem Kinderbuch mit Nixen, Hexen und Magie liest. Exotischer Vertreter beim Leseabend war der Mann aus Anatolien. Hakki Cimen besitzt inzwischen die deutsche Staatsangehörigkeit. Seine Sprache ist die der Zaza.

Sie zählt zu den iranischen Sprachen und wird im äußersten Osten Anatoliens gesprochen. Cimen wuchs in einer Stammesgesellschaft auf, die sich in ständiger Fehde mit Türken und Kurden befunden habe. In seinen Texten erinnert er sich an seine Kindheit, an die Geschichten seines Volkes.

Besonders eindrucksvoll ein Text in seiner Muttersprache: Der Klang nimmt den Zuhörer mit. Und das hat durchaus was Biblisches: Zaza ist mit dem Aramäischen verwandt, der Sprache Jesu. "Ich schreibe meine Texte auf Zaza", erklärt Hakki Cimen in der Pause, "dann übersetze ich sie ins Deutsche".

Auf ganz andere Art politisch sind die Texte von Hans-Martin Große- Oetringhaus. Ihm liegen besonders die Kinder am Herzen, er engagiert sich für die Hilfsorganisation "Terre des Hommes". Herbert Sleegers erhielt 1996 den Niederrheinschen Literaturpreis. Er las zum Abschluß Skizzen und beschloß die Lesung mit einer Geschichte zum Nikolausabend. Sprachlich sehr dicht, inhaltlich der Heimat und der katholischen Religion verpflichtet, entließ er die Zuhörer in einen besinnlichen Nikolausabend.

Für alle Texte aber dieses Abends gilt: Vorgelesen zu bekommen, das ist viel schöner, als selbst zu lesen. Sleegers dankte nachdrücklich dafür, dass die Manuskripte (Auflage 18000) erscheinen konnten. Man hofft auf die nächste "krefelder manuskripte" im kommenden Dezember.