Literaturhaus: Am schönen Schein gekratzt
Zwei Schauspieler lesen aus Werken Arthur Schnitzlers.
Krefeld. Zwei Österreicher lesen aus Werken eines großen Landsmanns: Im Niederrheinischen Literaturhaus stand Arthur Schnitzler, der vor 150 Jahren geboren wurde, im Mittelpunkt einer Lesung. Johanna Lindinger und Werner Strenger trugen auf Einladung des Otto-Brües- Freundeskreises zwei Erzählungen und zwei Ausschnitte aus Dramen vor.
In der kleinen guten Stube neben dem Wasserturm entführen die beiden Schauspieler ihre Zuhörer ins Wien des 19. Jahrhunderts. In der Erzählung „Der Fürst ist im Hause“ von 1888 stirbt der Flötist Florian während eines Konzerts. Doch der Schein muss gewahrt bleiben — das Publikum darf nicht irritiert werden. Wunderbar liest Strenger das in einem leichten österreichischen Tonfall.
Dramatische Szenen aus „Anatol“ und „Der Reigen“ tragen Lindinger und Strenger mit verteilten Rollen vor. Schnitzler hat auch in diesen beiden Dramen die gesellschaftlichen Verhältnisse mit feiner Sprache und spitzer Feder seziert. Das Publikum ist gebannt und fasziniert. Denn beide Schauspieler vermögen es, ihre Figuren lebendig werden zu lassen, die Schwingungen werden spürbar.
In der Szene aus „Anatol“ begegnen sich zwei Menschen aus der Wiener Gesellschaft. Er liebt sie, sie hat ihn verschmäht und nun hat er die Liebe in der Vorstadt gefunden. Dort wartet ein „süßes Mädel“ auf ihn, den „leichtsinnigen Melancholiker“, ein Mädel ohne Ansprüche. In Strengers Part schwingt leise Wehmut mit, Lindinger zeigt in ihrer Stimme alle Schattierungen von Hochmut bis Traurigkeit.
Sie liest auch „Die Erbschaft“. Ein Witwer findet bei seiner verstorbenen Frau Liebesbriefe eines anderen und fordert ihn zum Duell. Der Vortrag macht Lust darauf, noch einmal in Schnitzlers Werken zu blättern. chs
Nochmals am 3. November, 18 Uhr.
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