Michael Grosse: Der große Kommunikator

Hinter den Kulissen bastelt Michael Grosse an der Zukunft des Theaters bis 2020. Er hat gute Chancen, sein Haus weiter zu stärken.

Krefeld. Michael Grosse ist auf Tournee. Nicht mit seinem Heine-Abend, nicht mit Balladen oder Thomas Mann. Der Intendant tingelt derzeit durch die politische Landschaft von Krefeld und Mönchengladbach, um die Zukunft des Theaters festzuzurren. Bis zum Sommer muss geklärt sein, ob die Städte ab 2015 jährlich zwei Millionen Euro mehr an die gemeinnützige GmbH zahlen.

Bemerkenswert ist, wie reibungslos die Tour bislang verläuft. Als es 2009 unter Grosses Vorgänger Jens Pesel um die Theaterfinanzen ging, fielen noch markige Worte und lautstarke Drohungen. Erst nach Demonstrationen und Zuschauerprotesten lenkte die Politik ein. Diesmal: kein Störgeräusch, nirgends.

Im Gegenteil scheint Grosse sogar gute Chancen zu haben, die Zukunft seines Hauses schon bald bis 2020 abzusichern — in Zeiten von Nothaushalt (Gladbach) und Etatkürzungen (Krefeld) wäre das eine Sensation.

Dass dieser Erfolg auch viel mit ihm als Person zu tun hätte, ist allen Beteiligten klar. „Michael Grosse ist ein Glücksfall“, sagt der CDU-Kulturpolitiker Hans-Peter Kreuzberg. „Er verbindet handfeste Ökonomie und künstlerische Leistung.“ Auch Klaus Kokol lobt, wie „offen und präsent“ der Intendant sich zeige: „Dass unser Theater so gut dasteht, hat eine Menge mit ihm zu tun.“

Grosse selbst, ein großer Kommunikator, aber kein Lautsprecher, verzichtet auf Wasserstandsmeldungen: „Zur Tendenz kann ich nichts sagen.“ Offen, konstruktiv, ohne Hektik seien die Gespräche bislang gelaufen, betont er: „Das ist keine Floskel.“

Die Krefelder CDU als größte Fraktion im Stadtrat hat er bereits überzeugt. „Wer Ja zum Theater sagt, muss auch Ja zur Erhöhung sagen“, erklärt Kreuzberg. Nur so ließen sich die wirtschaftliche Tragfähigkeit und künstlerische Qualität halten: „Andernfalls droht ein Substanzverlust.“

Ähnlich sieht das Klaus Kokol, der allerdings nur für sich sprechen kann, da Grosses Besuch in seiner Fraktion noch aussteht: „Eine Million Euro pro Stadt sind eine Menge Holz, aber ich bin überzeugt, dass es sein muss.“ Schon jetzt könne man bei aller Qualität Defizite erkennen, die von der finanziellen Ausstattung herrührten: „Wir müssen aufpassen, dass wir künstlerisch nicht abrutschen.“ Im Ensemble des Schauspiels habe man bereits Qualität verloren: „Das ist ein schmaler Grat. Wenn erst schlecht über das Theater geredet wird, bleiben die Besucher weg.“

Diese Gefahr besteht aktuell nicht. Durch starke Zuschauerzahlen und interne Umorganisation trägt das Theater nach eigenen Angaben 1,1 Millionen Euro zur Konsolidierung bei — diese Leistung wird anerkannt. Die zusätzlichen zwei Millionen Euro werden benötigt, um steigende Tariflöhne, Energie- und Materialkosten zu tragen. Auch der Honoraretat für Gastregisseure und Schauspieler soll steigen: „Sonst können wir am Markt nicht mithalten“, erklärt Michael Grosse.

Sein Plan hat gleichwohl Risiken. Er hängt davon ab, ob die Besucher dem Theater treu bleiben — auch nach einer weiteren Erhöhung der Ticketpreise um zwei Prozent, die für 2016 geplant ist. Auch die jährliche Landesförderung von 1,29 Millionen Euro ist nicht bis in Ewigkeit festgeschrieben, das Thema Sponsoring scheint ausgereizt. Größte Unwägbarkeit bleiben die Tarifabschlüsse: Bei rund 500 Mitarbeitern bringt jedes Prozent das Konzept ins Wanken. So oder so müsse das Theater „mit dem Geld klarkommen“, sagt Kreuzberg. „Es gibt keinen Automatismus, dass die Städte einspringen.“